DGB-Chefin lehnt Lohnzurückhaltung ab
sp/ms Berlin/Frankfurt
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Spitzen der Sozialpartner in Deutschland haben die Bevölkerung auf eine lang anhaltende Krise mit hoher Inflation eingestellt. „Die aktuelle Krise wird nicht in wenigen Monaten vorübergehen“, sagte Scholz nach dem Auftakt der sogenannten konzertierten Aktion mit Vertretern von Arbeitgebern und Gewerkschaften im Kanzleramt. Russlands Krieg in der Ukraine und die durch die Pandemie gestörten Lieferketten sorgten für große Unsicherheit. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass sich diese Lage auf absehbare Zeit nicht ändern wird“, sagte Scholz, der den Dialog mit den Sozialpartnern einberufen hatte, um über Instrumente gegen Preissteigerungen zu beraten.
Geplant ist ein Prozess mit mehreren Treffen über den Sommer. Ergebnisse sollen im Herbst vorgestellt werden. „Wir werden als Land durch diese Krise nur gut durchkommen, wenn wir uns unterhaken, wenn wir gemeinsam uns auf Lösungen einigen“, warb Scholz für Kompromisse.
Nach dem ersten Treffen waren deutliche Unterschiede in den Positionen zu erkennen. Sie habe kein Verständnis für Mahnungen aus der Politik, dass derzeit eine Lohn-Preis-Spirale drohe, sagte die Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes Yasmin Fahimi in Anspielung auf Forderungen nach Zurückhaltung in Lohnrunden. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger forderte dagegen eine Abschaffung der sogenannten kalten Progression in der Lohn- und Einkommensteuer und setzte sich für steuerfreie Einmalzahlungen ein.
Vor dem Treffen hatten SPD-Vertreter Berichten widersprochen, dass Einmalzahlungen für Beschäftigte der Königsweg für die Entlastung von Beschäftigten sein könnten. Scholz selbst hatte Einmalzahlungen ins Spiel gebracht, weil sie höhere Kosten für den Moment ausgleichen können, ohne als Inflationstreiber zu wirken. Die Gewerkschaften fürchten, dass das Instrument als Ersatz für höhere Lohnforderungen zum Einsatz kommen würde. SPD-Chefin Saskia Esken ermutigte die Gewerkschaften am Montag, hohe Lohnsteigerungen anzustreben.
Nagel begrüßt Gespräche
Bundesbankpräsident Joachim Nagel begrüßte die Gespräche, an der er als Experte teilnahm. „Der Austausch und die Diskussion zwischen Politik und Tarifpartnern können hilfreich sein.“ Zugleich betonte er aber in einer Videobotschaft beim Euro Finance Summit: „Die Hauptverantwortung für die Sicherung von Preisstabilität liegt in den Händen des unabhängigen Eurosystems.“ Er untermauerte deshalb seine Forderung nach deutlichen EZB-Zinserhöhungen, um die Inflation in Schach zu halten. „Dafür könnte zumindest zeitweilig eine restriktiv ausgerichtete Geldpolitik erforderlich sein.“