Ein Hauch von Weihnachtsstimmung macht sich breit
Verbraucher trauen sich raus
GfK-Konsumklima steigt – DIHK beklagt zunehmenden Mismatch am Arbeitsmarkt
Zum Jahresende zeigen sich die Verbraucher versöhnlicher gestimmt: Das Konsumklima legt ebenso zu wie die Erwartungen bezüglich Einkommen und Konjunktur. Zugleich wird der Sparstrumpf nicht mehr ganz so kräftig gefüllt. Die Personalpläne der Unternehmen fallen aber derweil restriktiver aus.
ba Frankfurt
Die deutschen Verbraucher zeigen kurz vor dem Jahresende doch noch einen Hauch an Weihnachtsstimmung. Sie sparen etwas weniger und geben dafür etwas mehr Geld aus. Außerdem sind sie etwas weniger pessimistisch mit Blick auf die Konjunktur und das eigene Einkommen. Eine Trendwende beim Konsumklima zeigt die monatliche Umfrage von GfK und NIM allerdings nicht − zu groß ist derzeit noch die Verunsicherung, und die Jobsorgen nehmen zu. Für Januar wird ein Anstieg des Konsumklimas um 1,8 auf −21,3 Punkte prognostiziert. Damit werden die Rückgänge der vergangenen Monate allerdings nur teilweise kompensiert, das Niveau bleibt sehr niedrig.
„Verunsicherung noch zu groß“
„Rückblickend sehen wir seit Jahresmitte 2024 bestenfalls eine stagnierende Entwicklung“, erklärt Rolf Bürkl, Konsumexperte beim NIM. „Eine nachhaltige Erholung des Konsumklimas ist nach wie vor nicht in Sicht, dazu ist die Verunsicherung der Konsumenten derzeit noch zu groß.“ Hauptursache seien die hohen Lebensmittel- und Energiepreise sowie die zunehmenden Jobsorgen angesichts der intensiven Diskussionen um Arbeitsplatzabbau, Werksschließungen und Produktionsverlagerungen ins Ausland.
Personalplanung wird restriktiver
Dass die Personalplanung der Unternehmen restriktiver wird, zeigt das Ifo-Beschäftigungsbarometer, das im Dezember um 0,9 auf 92,4 Punkte gesunken ist. „Immer weniger Unternehmen bauen Personal auf“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen. „Dafür steigt der Anteil der Betriebe, die Arbeitsplätze abbauen wollen.“ Insbesondere in der Industrie hinterlasse die wirtschaftliche Krise ihre Spuren bei der Personalplanung: „Nahezu alle Branchen ziehen einen Arbeitsplatzabbau in Betracht.“ Am stärksten betroffen sind laut Ifo die Metallbranche sowie die Autobauer und ihre Zulieferer. Aber auch bei den Dienstleistern setzte sich die negative Dynamik der letzten Monate fort. Im Baugewerbe hingegen „zeichnet sich trotz Krise keine größere Entlassungswelle ab“, analysieren die Münchener Wirtschaftsforscher.
Zukunftsaufgaben in Gefahr
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) beklagt in ihrem Fachkräftereport 2024/2025 ein zunehmendes Mismatch-Problem: Betriebe, die einstellen möchten, suchen andere Qualifikationen als die verfügbaren. 43% der rund 23.000 befragten Unternehmen aller Größen und aus allen Branchen können offene Stellen zumindest teilweise nicht besetzen. „Fachkräftemangel trifft auf Strukturprobleme – das ist für viele Betriebe eine enorme Herausforderung und für unsere Wirtschaft eine doppelte Wachstumsbremse“, sagt der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks. Das werde vor allem in der Industrie deutlich. „Besonders alarmierend: Die Personalengpässe betreffen häufig Branchen, die für Zukunftsaufgaben wie Energiewende, Digitalisierung sowie Infrastrukturausbau eine große Rolle spielen, und können hier nötige Fortschritte gefährden.“
Die DIHK macht daher sieben Vorschläge zur Fachkräftemobilisierung: Bürokratie abschaffen, berufliche Bildung fördern, Arbeitszeit flexibilisieren, Arbeitsanreize stärken, Fachkräfteeinwanderung weiterentwickeln, ältere Beschäftigte im Arbeitsmarkt halten sowie die Kinderbetreuung ausbauen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu stärken.
Fast 5 Millionen Zuwanderer erwartet
Deutschland muss allerdings als Einwanderungsland noch attraktiver werden, heißt es beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW). „Dabei geht es nicht nur darum, die Zuwanderung zu fördern, sondern auch die Fachkräfte aus dem Ausland langfristig im Land zu halten“, sagt IW-Migrationsexperte Wido Geis-Thöne. Ohne diese müssten die Steuern und Abgaben deutlich erhöht oder die staatlichen Leistungen gesenkt werden. Nur so könne die Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte erhalten bleiben. Die Kölner Forscher erwarten, dass bis zum Jahr 2040 rund 4,8 Millionen Personen im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 66 Jahren nach Deutschland einwandern. „Ohne diese Zuwanderer würde die Bevölkerung in dieser Altersgruppe im selben Zeitraum um fast 14% zurückgehen – mit ihnen nur um gut 6%.“
Ungenutztes Potenzial heben
Neben der Zuwanderung könnte die Fachkräftelücke zumindest ein Stück weit auch geschlossen werden, würden die großen ungenutzten Potenziale von Menschen gehoben werden, die als Fachkräfte arbeiten könnten. Dass es mit „mehr Druck“, wie in der öffentlichen Debatte oft gefordert, allein nicht funktioniert, zeigt eine Kurzanalyse des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI). Solch vereinfachte Positionen wie etwa Kürzungen beim Bürgergeld oder eine Erhöhung des Rentenalters gingen an der Realität des deutschen Arbeitsmarktes vorbei. Um das Potenzial nachhaltig zu erschließen, brauche es aber Investitionen, unter anderem in Weiterbildung, in betriebliches Gesundheitsmanagement, insbesondere für ältere Beschäftigte, und in Kinderbetreuung und Schulen.
Konjunkturerwartungen stabilisieren sich
Nach vier Rückgängen in Folge stabilisierten sich die Konjunkturerwartungen der Verbraucher. Eine nachhaltige konjunkturelle Erholung ist aus Sicht der Konsumenten allerdings noch nicht abzusehen, betont das GfK. Dies zeigt sich auch in den Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute, die in den vergangenen Tagen teils kräftig gekappt wurden. Für dieses Jahr liegen die Voraussagen zwischen einem Schrumpfen um 0,2% und einer Stagnation, für das kommende Jahr wird allenfalls ein minimales Wachstum von zwischen 0,1% und 0,6% erwartet.
Zahlreiche Bremsfaktoren
Der Indikator der Einkommenserwartungen kompensierte einen kleinen Teil des starken Einbruchs im Vormonat, liegt aber noch deutlich unter dem Niveau vom Sommer dieses Jahres. „Nach unten revidierte Wachstumsprognosen sowie steigende Arbeitslosenzahlen verhindern derzeit eine deutliche Erholung der Einkommenserwartung“, erklären die Nürnberger Konsumforscher dazu. Zudem dürften sich die 2024 gesehenen deutlichen realen Einkommenszuwächse nicht fortsetzen. Die Verbraucherstimmung werde zudem von den hohen Preisen für Lebensmittel und Energie gebremst. Der Indikator der Anschaffungsneigung machte im Dezember die Verluste aus dem Vormonat etwa zur Hälfte wieder wett.