Geldpolitik

„Es gibt ein Risiko, zu spät zu kommen“

Der Preisauftrieb, der mit der Erholung der Weltwirtschaft Fahrt aufnahm, macht Geldpolitikern Sorgen. Der US-Notenbanker James Bullard deutet an, die Fed könnte bald gezwungen sein, zu handeln.

„Es gibt ein Risiko, zu spät zu kommen“

hip London

US-Notenbanker James Bullard hat klargestellt, dass die US-Notenbank­ derzeit weit davon entfernt sei, der anziehenden Inflation etwas entgegenzusetzen. Aktuell betrachte man den erhöhten Preisauftrieb als vorübergehendes Phänomen, sagte der Chef der regionalen Fed St. Louis am Dienstag auf der UBS European Conference. „Ich denke, wir stehen heute gut da, aber wir könnten gezwungen sein, schneller zu handeln, als die Märkte derzeit erwarten, wenn sich künftig das Szenario einer dauerhafteren Inflation manifestiert,“ sagte Bullard auf dem Flaggschiff-Event der Schweizer Investmentbank. Später maß er dem Szenario, das von einer vorübergehenden Natur der Inflation ausgeht, nur eine Wahrscheinlichkeit von 50 % bei.

Die Wachstumsschwäche im dritten Quartal sei schon eher vorübergehender Natur. Das Wachstum verschiebe sich ins laufende Quartal – und ins Gesamtjahr 2022. Tatsächlich habe das Niveau des Bruttoinlandsprodukts bereits den vor der Pandemie erreichten Stand überschritten. „Das ist keine Erholung, sondern Expansion“, sagte Bullard.

Klaas Knot, der Präsident der niederländischen Zentralbank, stellte fest, dass der Druck durch vorüber­gehende Faktoren wie den Ölpreisanstieg oder Versorgungsengpässe nicht notwendigerweise von kurzer Dauer sei. Doch die Eurozone sei auf einem niedrigeren Zinsniveau in die Pandemie gegangen als die Vereinigten Staaten. „Nach einer anhaltenden Phase von Deflationsrisiken ist der Anstieg des Inflationsdrucks in der Eurozone ziemlich willkommen“, sagte Knot. Noch bewege sich die Teuerungsrate nicht dauerhaft auf Höhe des Inflationsziels der EZB. Der Klimawandel werde zu anderen Energiekosten führen. „Ich kann fast nicht glauben, dass erneuerbare Energien strukturell billiger sein werden als fossile Energien“, führte er aus. „Sonst bräuchten wir doch keine Klimakrise, um auf Erneuerbare umzusteigen, oder?“ Er gehe davon aus, dass die Energiekosten mit der Zeit steigen werden.

Raghuram Rajan, der ehemalige Gouverneur der Reserve Bank of India, warnte, der Ausstieg aus den geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen könnte schwerer fallen als gedacht. „Es gibt ein Risiko, zu spät zu kommen“, sagte Rajan, der für den Chefposten bei der Bank of England im Gespräch war. Hohe Assetpreise und Verschuldung seien eine wirkmächtige Kombination. Statt Deleveraging habe es ein Releve­raging gegeben. „Es gibt offenkundige Anzeichen für eine Blasenbildung“, sagte Rajan und verwies auf die 2,5 Bill. Dollar, die Anleger in Kryptowährungen gesteckt haben.

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