Gewinnabschöpfung

EU-Energie­krisen­beitrag kommt auf Firmen zu

Nur einige Firmen hierzulande müssen den EU-Energiekrisenbeitrag schultern, dafür aber das gesamte Aufkommen von bis zu 3 Mrd. Euro. Die Grünen wollen mehr abschöpfen.

EU-Energie­krisen­beitrag kommt auf Firmen zu

wf Berlin

Mehreinnahmen zwischen 1,0 bis 3,0 Mrd. Euro erwartet die Bundesregierung aus einer europäisch gebotenen Abgabe für Unternehmen mit hohen Gewinnen in der Energiekrise. Geplant ist, hierzulande als EU-Energiekrisenbeitrag (EU Solidarity Contribution) nur den europarechtlich gebotenen Mindestsatz von 33% zu erheben, wurde aus Kreisen des Bundesfinanzministeriums bekannt. Von den Grünen kam umgehend Widerspruch. Mehr sei nötig und es sei auch ein höherer Satz als 33% möglich, sagte die finanzpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Katharina Beck, laut Nachrichtenagentur Reuters. Sonst seien Gewinnverschiebungen ins Ausland zu befürchten. Beck mahnte, die Abgabe werde dann wahrscheinlich großflächig umgangen und es sei nur ein geringes Aufkommen zu erwarten. Ähnlich äußerte sich – Reuters zufolge – Grünen-Chefin Ricarda Lang: Es müsse nochmal geprüft werden, wer davon betroffen und wie hoch die Abgabe am Ende sei. „Ich glaube, da ist noch mehr drin“, sagte sie dem TV-Sender „Welt“.

Rechtlich dünnes Eis

Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner (FDP) sagte bei einer Veranstaltung der „Süddeutschen Zeitung“: „Diese Vorgabe aus dem europäischen Recht führt uns in nationalem Steuerrecht auf dünnes Eis.“ Bemessungsgrundlage des Energiekrisenbeitrags soll 2022 und 2023 der steuerliche Gewinn sein, den die Unternehmen zusätzlich zum Gewinn in den vier vorhergehenden Jahren seit 2018 gemacht haben. Damit soll der bürokratische Aufwand gering gehalten werden. Lindner zufolge sind in Deutschland „einige wenige Unternehmen“ betroffen. Der Energiekrisenbeitrag zielt auf Unternehmen im Erdöl-, Erdgas-, Kohle und Raffineriebereich. Im Bundesfinanzministerium ist von einer niedrigen zweistelligen Zahl von Unternehmen die Rede. Auf diese konzentriert sich die gesamte Last des Aufkommens. Den Fraktionen im Bundestag stellte die Bundesregierung eine sogenannte Formulierungshilfe zu Verfügung. Die Fraktionen bringen den Entwurf damit direkt in den Bundestag ein. Dies beschleunigt die Gesetzgebung, weil die erste Beratungsrunde im Bundesrat ausfällt.

Europäisches Vertragsrecht müsse umgesetzt werden, sagte Lindner in Berlin. Die europäische Frist sieht die Umsetzung bis Jahresende 2022 vor. Andernfalls droht Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren. Die EU-Verordnung hatte sein Kabinettskollege Robert Habeck (Grüne) in Brüssel verhandelt. Die finanzverfassungsrechtliche Umsetzung wird im Finanzministerium als schwierig beschrieben. Nach einem Votum des Bundeskanzleramts stützt sich die rechtliche Ausformung auf Artikel 106, Abs.1, S.7, Grundgesetz in Form einer nicht abzugsfähigen Sonderausgabe. Andere Varianten seien geprüft worden, die Entscheidung schließlich auf die Variante mit dem geringsten rechtlichen Risiko ge­fallen.

Der EU-Energiekrisenbeitrag ist unabhängig von der Abschöpfung sogenannter Zufallsgewinne hierzulande zu sehen, der Kraftwerkbetreiber aller Energiearten – ausgenommen Kohle – rückwirkend zu Anfang September betrifft. Diese nationale Abgabe setzt am Umsatz an – nicht am Gewinn. Sie soll zunächst bis Juni 2023 erhoben werden, kann aber bis Ende 2024 verlängert werden.

Die Familienunternehmer kritisieren den Markteingriff über das Steuerrecht für Zufallsgewinnabschöpfung bei Mineralölkonzernen scharf. Reinhold von Eben-Worlée, Präsident der Familienunternehmer, befürchtet, dass je nach politischer Lage Sondersteuern auf Unternehmensgewinne eingeführt werden.

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