Brexit und Corona

EU-Exporte nach Britannien brechen ein

Die Warenexporte aus Mitgliedstaaten der EU ins Vereinigte Königreich sind im Januar um 28,8 % eingebrochen. Wie das Statistikamt ONS mitteilte, gingen die Ausfuhren aus Großbritannien in die Staatengemeinschaft um 40,7 % zurück. Allerdings spielen...

EU-Exporte nach Britannien brechen ein

hip London

Die Warenexporte aus Mitgliedstaaten der EU ins Vereinigte Königreich sind im Januar um 28,8 % eingebrochen. Wie das Statistikamt ONS mitteilte, gingen die Ausfuhren aus Großbritannien in die Staatengemeinschaft um 40,7 % zurück. Allerdings spielen Dienstleistungen im britischen Außenhandel eine wesentlich größere Rolle als Waren. Von der gestern vorgelegten Statistik werden sie jedoch für die EU nicht extra aufgeführt. Insgesamt rutschten sie jedoch auf das niedrigste Niveau seit Juli 2006 ab.

Die Statistiker nennen mehrere Gründe für den dramatischen Rückgang im Warenhandel. Mit Blick auf das Ende der Brexit-Übergangsphase seien bereits in den vorangegangenen Monaten umfangreiche Lagerbestände angelegt worden. Zudem hätten Reisebeschränkungen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie für Verwerfungen gesorgt. Frankreich hatte die Grenze zeitweise geschlossen, um dann von Lkw-Fahrern bei der Einreise negative Coronatests zu verlangen. Das britische Handelsbilanzdefizit verringerte sich von 14,3 Mrd. Pfund im Dezember auf 9,8 Mrd. Pfund.

Lockdown-Immunität

Das Bruttoinlandsprodukt ist im Januar um 2,9 % geschrumpft. Damit hielt sich die britische Wirtschaft trotz eines landesweiten Lockdowns erheblich besser als erwartet. Volkswirte hatten im Schnitt einen Rückgang von 4,9 % auf der Rechnung. Die Volkswirtschaft entwickelt offenbar eine gewisse Immunität gegen die Ausgangsbeschränkungen. Die Dienstleistungsbranche, der größte Wirtschaftssektor des Landes, verzeichnete einen Rückgang von 3,5 % – zwei Prozentpunkte weniger, als Volkswirte angesetzt hatten. Das könnte eine Anpassung der Prognosen nach sich ziehen. Die Bank of England hatte für das erste Quartal einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 4,0 % auf der Rechnung, die unabhängigen Haushaltshüter des Office for Budget Responsibility (OBR) erwarteten ein Minus von 3,8 %. Die HSBC-Volkswirtin Elizabeth Martins, die bislang mit einer Schrumpfung um 3,5 % rechnete, macht nun mögliche „Aufwärtsrisiken“ für ihre Schätzung aus. Der ING-Volkswirt James Smith unterstrich, dass allein das Kontaktverfolgungsprogramm Track & Trace und die Impf­kampagne des National Health Service (NHS) das Bruttoinlandsprodukt um 0,9 Prozentpunkte angehoben hätten. Ihr Beitrag dürfte aber im weiteren Jahresverlauf zurück­gehen.

Die britische Regierung verschob unterdessen die Einführung regulärer Zollkontrollen an der Grenze zur EU ins nächste Jahr. Auf diese Weise soll Unternehmen mehr Zeit gegeben werden, sich auf Veränderungen an der Grenze vorzubereiten und Störungen zu minimieren, wenn die Wirtschaft allmählich wiedereröffnet wird. Britische Wirtschaftsverbände applaudierten.

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