Eurozone

EU-Kommission: Kaum noch Wachstum 2023

Die EU hat ihre Wachstumsprognosen gestutzt: Das BIP im Euroraum wird danach im kommenden Jahr insgesamt nur noch um 0,3% zulegen, einige Länder werden in die Rezession abrutschen. Deutschland steht besonders schlecht da.

EU-Kommission: Kaum noch Wachstum 2023

Wegen der Energiekrise infolge des Ukraine-Kriegs rechnet die EU-Kommission im nächsten Jahr kaum noch mit Wirtschaftswachstum – aber mit deutlich mehr Inflation als zuletzt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte 2023 im Euro-Raum nur noch um magere 0,3% zulegen, teilte die Brüsseler Behörde am Freitag in ihrer Herbstprognose mit. „Die Wirtschaft in Europa steht an einem Wendepunkt“, sagte EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni.

Im Sommer hatte die EU hier noch 1,4% Wachstum veranschlagt. „Angesichts der großen Unsicherheit, des hohen Drucks auf die Energiepreise, des Kaufkraftverlusts der Haushalte, des schwächeren außenwirtschaftlichen Umfelds und der restriktiveren Finanzierungsbedingungen wird erwartet, dass die EU, der Euroraum und die meisten Mitgliedstaaten in eine Rezession abgleiten”, so die Kommission.

Für das Schlussquartal 2022 geht die Kommission davon aus, dass die Euro-Zone als ganzes und die meisten ihrer Mitgliedsländer in eine Rezession rutschen. Grund dafür seien große Unsicherheit, hoher Energiepreisdruck, Kaufkraftverluste bei den privaten Haushalten, das schwächere außenwirtschaftlichen Umfeld und striktere Finanzierungsbedingungen.

Wegen eines überraschend guten Wachstums in der ersten Jahreshälfte 2022 dürfte die Wirtschaft im Gesamtjahr allerdings um 3,2% zulegen und damit stärker als noch im Sommer mit 2,6% gedacht. Die Inflation hingegen dürfte noch einmal kräftiger ausfallen als ohnehin schon angenommen. Die Kommission erwartet für 2022 nun 8,5% und im nächsten Jahr noch 6,1%. Die Teuerungsrate werde erst 2024 auf 2,6% deutlich sinken.

Schlusslicht Deutschland

Die Wirtschaftskraft Deutschlands wird den Prognosen zufolge 2023 stärker schrumpfen als in jedem anderen Mitgliedsland der Eurozone. Nur Schweden scheint in der EU ähnlich stark betroffen. Für Deutschland rechnete die Brüsseler Behörde 2023 mit einer Schrumpfung der Wirtschaft um 0,6%. Sie ist damit skeptischer als die Bundesregierung und die Wirtschaftsweisen, die ein Minus von 0,4% und von 0,2% erwarten. Bisher hatte die Kommission sogar noch 1,3% Wachstum für 2023 prognostiziert. 2024 dürfte die deutsche Wirtschaft dann wieder zulegen, und zwar um 1,4%. Für das laufende Jahr wird ein BIP-Plus von 1,6% angenommen und damit etwas mehr als im Sommer.

Inflation bleibt hartnäckig hoch

Die Inflationsrate indes dürfte noch einmal kräftiger steigen als ohnehin schon angenommen. Die Kommission erwartet für 2022 nun 8,5%. „Wir glauben, dass der Höhepunkt der Inflation nahe ist“, sagte Gentiloni. Damit sei wahrscheinlich noch Ende dieses Jahres zu rechnen. Im Oktober war die Teuerung in der Währungsunion auf den Rekordwert von 10,7% geklettert. Das ist mehr als fünfmal so hoch wie das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2%. Für 2023 erwartet die Kommission 6,1% Inflation, die sich 2024 auf 2,6% deutlich abflauen dürfte.

Arbeitsmarkt robust

Trotz des starken Gegenwinds für die europäische Wirtschaft befürchtet Gentiloni nur wenig negative Folgen für den Arbeitsmarkt. „Der Jobmarkt ist immer noch sehr stark.“ Die Lage sei so robust wie seit Jahrzehnten nicht mehr und dürfte sich kaum ändern. Die Arbeitslosenquote in der Euro-Zone werde von 6,8% in diesem Jahr auf 7,2% im nächsten Jahr steigen, dann aber 2024 wieder auf 7,0% fallen. Insgesamt könne auch die EU gestärkt aus der gesamten Krise hervorgehen, sagte Gentiloni. Dafür sei es aber wichtig, dass Europa hier vereinigt zusammenstehe und etwa in Fragen der Energie an einem Strang ziehe.

EZB kritisiert Haushaltspolitik in der Eurozone

Die zahlreichen Sonderausgaben und Krisenhilfen der EU-Staaten für ihre Bürger und ihre Wirtschaft sind der Europäischen Zentralbank (EZB) in einer Hinsicht ein Dorn im Auge. Denn damit würde der Kampf gegen die Rekordinflation zum Teil konterkariert, weil zu viel Geld ausgegeben werde, um die steigenden Lebenshaltungskosten abzufedern, kritisierte Ratsmitglied Robert Holzmann in Wien.

Die Fiskalpolitik ist aufgrund der sozialen Verwerfungen, die die Inflation hervorruft, genötigt Interventionen vorzunehmen”, räumte der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) ein. Das Problem in Europa sei aber, „dass im Moment die Daten nicht da sind, um sehr gezielt zu handeln. Wir müssen mehr Geld ausgeben, als notwendig ist.” Die Währungshüter der EZB hätten die Politik daher wiederholt aufgefordert, ihre Hilfspakete so zu gestalten, dass sie nicht mit dem Ziel der Inflationsbekämpfung in Konflikt geriet.

Auch Präsidentin Christine Lagarde hat fiskalische Unterstützung gegen die steigenden Energiekosten angemahnt, die “zeitlich begrenzt und auf die Schwächsten ausgerichtet” sein sollte. Und Holzmann stellte klar: „Wir versuchen, etwas zu bremsen, die andere müssen ein bisschen Gas geben. Es wäre schön, wenn wir auch beim Budget eine Angleichung erreichen könnten.”