Euro-Arbeitsmarkt hält Kurs
ast Frankfurt
Die Arbeitslosenquote in Euroland hat im April ihr historisch niedriges Niveau gehalten. Für den gemeinsamen Währungsraum meldete das Statistikamt Eurostat in Luxemburg am Mittwoch eine saisonbereinigte Arbeitslosenquote von 6,8%. In der EU blieb die Arbeitslosenquote gleich bei 6,2%. Es ist der niedrigste Stand seit Einführung des Euro 1999. Ökonomen hatten mit dieser Entwicklung gerechnet. Angesichts dieser robusten Daten vom Arbeitsmarkt wächst der Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB) weiter, rascher als bislang geplant aus ihrer ultralockeren Geldpolitik auszusteigen.
In den vergangenen Monaten ist die Arbeitslosigkeit in den 19 Mitgliedsländern der Eurozone tendenziell gesunken. Ein Jahr zuvor hatte die Quote noch deutlich höher bei 8,2% gelegen. In der Europäischen Union war die Entwicklung ähnlich. Gemäß Schätzungen von Eurostat waren im April 2022 in der EU 13,3 Millionen Personen arbeitslos, davon 11,2 Millionen im Euroraum. Gegenüber April 2021 sank die Zahl der Arbeitslosen in der EU um 2,5 Millionen und um 2,2 Millionen im Euroraum. Die niedrigste Quote weisen nach europäischer Rechenweise Tschechien (2,4%) sowie Deutschland und Polen (je 3,0%) auf.
Die wirtschaftlichen Belastungen, die durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und die harten Lockdown-Maßnahmen in China – die inzwischen nach und nach aufgehoben werden – ausgelöst wurden, spiegeln sich offenbar noch nicht am Arbeitsmarkt wider. Für Deutschland erwartet der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele, allerdings leicht steigende Arbeitslosenzahlen in den kommenden Monaten. Bereits jetzt sei die Zahl arbeitsloser ukrainischer Staatsangehöriger gestiegen – je nach Anzahl der Ankömmlinge dürfte sich das dann auch in der Statistik ausdrücken.
Im Jahr 2020 war die Arbeitslosigkeit wegen der Corona-Pandemie deutlich gestiegen. Mittlerweile unterschreitet die Quote wieder das Niveau, das zu Beginn der Pandemie vorherrschte. Die höchste Arbeitslosigkeit in der Eurozone wurde 2013 im Zuge der Euro-Schuldenkrise erreicht, mit Arbeitslosenquoten über der Marke von 12%.
Druck auf EZB wächst
Angesichts des stabilen Arbeitsmarktes in der Eurozone wächst auch von dieser Seite der Druck auf die Europäische Zentralbank. Am Dienstag hatte das Statistikamt Eurostat eine Inflationsrate von 8,1% im Mai gemeldet. Die EZB peilt mittelfristig 2,0% Inflation an, weil dies laut eigener Strategie im Einklang mit den Zielen der EU-Wirtschaftspolitik von „Vollbeschäftigung und Wirtschaftswachstum“ steht.
Zwar kann die EZB momentan auf nicht ganz so komfortable Arbeitsmarktdaten bauen wie die US-Notenbank Fed, die die Zinswende bereits vor etlichen Monaten eingeleitet hat. Dennoch könnte die Robustheit des Euro-Arbeitsmarktes – trotz des Kriegs in Europa und anhaltender Lieferengpässe – Sorgen zerstreuen, dass die Konjunktur durch Leitzinserhöhungen abgewürgt werden und die Arbeitslosigkeit wieder deutlich steigen könnte.