Konjunktur

Euro-Industrie sorgt für positive Überraschung

Nach der deutschen Industrie hat auch jene im gesamten Euroraum mit einem unerwartet starken Produktionsplus im Juni für eine positive Konjunkturüberraschung gesorgt. Das spricht dafür, dass sich die Industrie zumindest bis zur Jahresmitte...

Euro-Industrie sorgt für positive Überraschung

ms Frankfurt

Nach der deutschen Industrie hat auch jene im gesamten Euroraum mit einem unerwartet starken Produktionsplus im Juni für eine positive Konjunkturüberraschung gesorgt. Das spricht dafür, dass sich die Industrie zumindest bis zur Jahresmitte widerstandsfähiger gegenüber der hohen Inflation und der Gaskrise infolge des Ukraine-Kriegs präsentiert hat als gedacht. Allerdings gibt es teilweise Zweifel an der Aussagekraft der Daten. In jedem Fall bleibt der Zustand in dem Sektor schwierig und die Angst vor einem schweren Konjunkturrückgang oder sogar einer Rezession in Euroland nimmt zu.

Wie das Statistikamt Eurostat am Freitag mitteilte, weiteten die Indus­trieunternehmen der Eurozone im Juni ihre Produktion gegenüber dem Vormonat um 0,7% aus. Analysten hatten dagegen im Schnitt lediglich mit einem Zuwachs um 0,2% gerechnet. Gegenüber dem Vorjahresmonat lag das Plus bei 2,4%. Zudem wurden die Zahlen für Mai deutlich nach oben revidiert. Die Produktion war damals zum Vormonat um 2,1% gestiegen, nachdem zunächst ein Anstieg von nur 0,8% ermittelt worden war. Einige Beobachter werteten die positive Überraschung als Signal, dass die Unternehmen aufgrund der teilweisen Lockerung der Lieferengpässe die vorhandenen Aufträge schneller abarbeiten können.

Allerdings gibt es auch Zweifel. So sehen beispielsweise die Volkswirte der britischen Großbank Barclays Capital die Gesamtrate „in erheblichem Maße“ von den volatilen Daten aus Irland beeinflusst. In Irland wurde sowohl auf Monatssicht (+6,7%) als auch auf Jahressicht (+25,4%) der höchste Anstieg verzeichnet. Zum Vergleich: In Deutschland lag das Plus nach den Eurostat-Daten auf Monatssicht bei 0,6%, und gegenüber Vorjahr stagnierte die Industrieproduktion sogar.

„Wir sind der Meinung, dass die (Daten-)Reihe durch Irland verzerrt ist und die zugrunde liegende Dynamik des europäischen verarbeitenden Gewerbes schwächer ist, so dass in nächster Zeit kaum mit einer Entspannung zu rechnen ist“, erklärten die Barclays-Volkswirte.

Die Industrieunternehmen leiden insbesondere unter der hohen Inflation und den Folgen des Ukraine-Kriegs – hinsichtlich der gestiegenen Energiepreise und der verschärften Materialengpässe. Bei der Teuerung ist zumindest kurzfristig keine große Besserung in Sicht. Im Gegenteil: Im September könnte die Inflation im Euroraum von zuletzt 8,5% auf 9% springen. Bei den Lieferketten gab es zuletzt zwar ein wenig Entspannung, aber sie sind bei weitem noch nicht in Gänze gelöst.

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund nehmen – wie in Deutschland (siehe nebenstehender Text) – die Sorgen wegen einer drohenden Rezession zu. Das erschwert auch die Aufgabe der Europäischen Zentralbank (EZB) erheblich. Einerseits muss sie die In­flation bekämpfen. Im Juli hat sie deswegen erstmals seit elf Jahren ihre Leitzinsen angehoben und weitere Zinserhöhungen avisiert. Andererseits will sie der Konjunktur auch nicht vollends den Garaus machen.

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