Verbraucherpreise

Euro-Inflation setzt Höhenflug fort

Bis zur wegweisenden März-Zinssitzung der EZB ist es nur noch eine Woche. Die Euro-Hüter stehen dabei vor einem großen Dilemma – das zeigen einmal mehr neue Inflationsdaten für den Euroraum.

Euro-Inflation setzt Höhenflug fort

ms Frankfurt

Unmittelbar vor der wegweisenden Sitzung des EZB-Rats nächste Woche verschärft sich das Inflationsproblem im Euroraum drastisch. Die Euro-Teuerung machte im Februar einen kräftigen Sprung von 5,1% auf 5,8% und erreichte damit ein absolutes Rekordniveau. Sie übertraf auch erneut die ur­sprünglichen Erwartungen von Ex­perten bei weitem. Zudem zeichnet sich für die nächsten Monate ein weiterer Anstieg ab – nicht zuletzt wegen des Ukraine-Kriegs. EZB-Granden mahnen aber bei der Normalisierung der Geldpolitik zur Vorsicht – auch wenn Bundesbankpräsident Joachim Nagel warnte, diese nicht aus dem Blick zu verlieren.

Das Führungsgremium der Europäischen Zentralbank (EZB) entscheidet am 10. März über die weitere Geldpolitik. Nachdem der Rat Anfang Februar einen besorgteren Ton angeschlagen und eine raschere Normalisierung der Geldpolitik avisiert hatte, wurde eigentlich erwartet, dass jetzt die Entscheidung fallen könnte, sämtliche EZB-Anleihekäufe im dritten Quartal zu beenden – was die Tür für Zinserhöhungen noch in diesem Jahr öffnen würde. Der Ukraine-Krieg bringt die EZB aber nun in die Bredouille: Einerseits dürfte er über höhere Energiepreise die Inflation weiter anheizen. Andererseits drohen spürbare negative Folgen für die Wirtschaft.

Am Mittwoch nun meldete Eurostat in einer ersten Schätzung einen satten Anstieg der Inflation im Februar. Volkswirte hatten ursprünglich im Mittel nur 5,3% erwartet. In den vergangenen Tagen hatten sie ihre Prognosen aber bereits angehoben, nachdem die Teuerung in allen großen Euro-Ländern nach oben überrascht hatte. Die 5,8% lag aber noch einmal über dem jüngsten Konsens. „Die Euro-Inflation bleibt außer Rand und Band“, kommentierte Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe.

Getrieben wurde die Teuerung einmal mehr durch einen außergewöhnlich starken Anstieg der Preise für Energie, die sich zum Vorjahresmonat um 31,7% verteuerte. Lebens- und Genussmittel waren 4,1% teurer. Die Kernrate ohne Energie, Lebens- und Genussmittel stieg im Februar auf 2,7%, nach 2,3% im Vormonat. Die Kerninflation ist weniger schwankungsanfällig und gilt vielen als verlässlicheres Maß für den Inflationstrend. Ihr Anstieg zeigt, dass sich der Preisauftrieb deutlich verbreitert. Die Experten von Barclays Capital rechneten am Mittwoch vor, dass inzwischen bei zwei Dritteln aller Waren und Güter die Inflation bei mehr als 2% liegt.

Für die nächsten Monate nun deuten sich noch höhere Raten an. Bereits im März könnte die Marke von 6% geknackt werden. Vor dem jüngsten, 2021 eingesetzten Inflationsschub hatte die Teuerung im Euroraum seit Einführung des Euro im Jahr 1999 maximal bei gut 4% gelegen und das auch nur äußerst kurzzeitig. Zusätzlich verschärft wird die Lage nun durch den Ukraine-Krieg, der Energierohstoffe und viele Lebensmittel verteuern dürfte.

Bundesbankpräsident Nagel sagte anlässlich der Vorstellung des Geschäftsberichts 2021 der Notenbank, dass sich ein weiterer Energiepreisschub auch auf die Verbraucherpreise niederschlage. Die Notenbank werde ihre Prognose für die Inflation in Deutschland 2022 wohl abermals anheben müssen. „Bereits im Februar hätten wir eine Inflationsrate von 4,5% (gemäß HVPI) für möglich gehalten. Mittlerweile rechnen die Fachleute der Bundesbank damit, dass die Inflationsrate im Jahresdurchschnitt 5% erreichen könnte“, so Nagel. Der HVPI ist das für die EZB einschlägige Inflationsmaß. „Für den Euroraum ist ebenfalls eine hohe Inflationsrate zu erwarten.“ Die Auswirkungen des Krieges auf die Wirtschaftsentwicklung für Deutschland – und damit letztlich auch für den Euroraum – ließen sich aber noch nicht verlässlich abschätzen.

Es ist vor allem diese Unsicherheit, die viele Euro-Notenbanker mit Blick auf die avisierte Normalisierung der Geldpolitik vorsichtig sein lässt. Allen voran EZB-Ratsmitglied Olli Rehn hatte am Dienstag gesagt, dass sich die EZB Zeit nehmen solle, um die Auswirkungen des russischen Kriegs gegen die Ukraine richtig einzuschätzen, bevor sie ihre Unterstützung für die Wirtschaft aus der Pandemie-Ära beende. EZB-Vize Luis de Guindos sagte am Mittwoch, dass der Ukraine-Krieg wohl das Wachstum drücken und die Inflation treiben werde. An den Finanzmärkten wird inzwischen für dieses Jahr keine EZB-Zinserhöhung mehr erwartet. Nagel mahnte aber: „Wir müssen die Normalisierung unserer Geldpolitik im Blick behalten.“

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