Euro-Wirtschaft wächst langsamer
ast Frankfurt
Das Wachstum in der Eurozone hat sich abgeschwächt. Im Vergleich zum ersten Quartal wuchs das Bruttoinlandsprodukt saisonbereinigt sowohl im gemeinsamen Währungsraum als auch in der Europäischen Union insgesamt um 0,6%. In einer ersten Schätzung hatte das europäische Statistikamt Eurostat noch ein etwas höheres Wachstum (0,7%) vermutet. Auch die Erwerbstätigkeit nimmt nur noch langsam zu. Gegenüber dem Vorquartal verzeichneten die Luxemburger Statistiker ein Plus von 0,3%. Gleichzeitig meldete Eurostat den vierten Anstieg in Folge bei den Unternehmensinsolvenzen.
Mauer Ausblick
Mit nun 0,6% liegt das Wachstum zwar immer noch über den originären Erwartungen vieler Ökonomen vor der ersten Schätzung, die im Schnitt nur mit einem Plus von 0,2% gerechnet hatten. Viele von ihnen rechnen allerdings mit einer deutlichen Eintrübung in den kommenden Monaten. So geht etwa Daniel Hartmann, Chefvolkswirt bei Bantleon, davon aus, dass die Aufhebung vieler Restriktionen zur Eindämmung des Coronavirus im Frühjahr für „konjunkturellen Rückenwind in Europa“ gesorgt hat. Doch die Liste der Störfaktoren wird immer länger: Ukraine-Krieg, Lieferengpässe und anhaltende Dürre.
Das deutlichste Wachstum im Euroraum verzeichnete Spanien. Hier wuchs die Wirtschaft zum Vorquartal um 1,1%. In Italien stieg das BIP um 1,0% und in Frankreich um 0,5%. Die deutsche Wirtschaft stagnierte hingegen.
Ökonomen sind sich aber uneins, ob eine Rezession bevorsteht. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer geht davon aus, dass sich die deutsche Wirtschaft bereits in einem Abschwung befindet. „Käme es zu einem kompletten Stopp der Gaslieferungen, wäre eine tiefe Rezession unvermeidlich“, sagte Krämer. Andere setzen auf den Privatkonsum, der sich trotz der hohen Inflation noch aus den Ersparnissen der Pandemiezeit speisen könnte. Stimmungsindikatoren wie Ifo-Index und die ZEW-Konjunkturerwartungen haben zuletzt jedoch enttäuscht. Demnach erwarten die vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) befragten Börsianer auch für die Euro-Wirtschaft eine Rezession im Winterhalbjahr. Der entsprechende Indikator fiel im Juli erneut.
Weniger Gründungen
Wenig Hoffnung machen derweil auch die Euro-Unternehmen. So gingen die Anmeldungen neuer Unternehmen laut Eurostat im zweiten Quartal um 1,2% zurück. Bereits seit Jahresanfang sind die Neuregistrierungen rückläufig. Dafür steigt die Zahl der Konkursanmeldungen im vierten Quartal in Folge. Allerdings, so heben die Statistiker hervor, sei die Zahl der Unternehmensanmeldungen in den beiden ersten Quartalen des laufenden Jahres immer noch höher als in der Zeit vor der Pandemie im Jahr 2019.