Grossbritannien

Europäische Menschen­rechts­­konvention im Fokus

London bereitet ein neues Zuwanderungsgesetz vor, das zu einem Konflikt mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg führen dürfte. Damit lebt eine alte Debatte wieder auf.

Europäische Menschen­rechts­­konvention im Fokus

hip London

Der rasante Anstieg der illegalen Zuwanderung über den Ärmelkanal hat die Europäische Menschenrechtskonvention in Großbritannien wieder in den Fokus der politischen Debatte gerückt. Im laufenden Jahr könnten der „Sunday Times“ zufolge 65 000 Menschen die Überfahrt wagen. Premierminister Rishi Sunak und Innenministerin Suella Braverman seien gerade dabei, das schärfste Zuwanderungsgesetz vorzubereiten, das es in Großbritannien je gegeben habe. Wer illegal ins Land komme, werde keinen Asylantrag mehr stellen dürfen. „Dieses Gesetz wird so weit gehen, wie es innerhalb des internationalen Rechts möglich ist“, zitiert das Blatt eine mit dem Vorgang vertraute Quelle. „Wir gehen an die Grenzen des rechtlich Möglichen, bleiben aber innerhalb der Europäischen Menschenrechtskonvention.“ Sollte das neue Gesetz vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg beanstandet werden, „wissen wir, dass das Problem nicht unsere Gesetzgebung oder unsere Gerichte sind“. Dann werde man darüber nachdenken müssen, ob es langfristig im britischen Interesse sei, der Europäischen Menschenrechtskonvention anzugehören. Konservative Politiker wie Dominic Raab wollen sie bereits seit einiger Zeit durch einen britischen Grundrechtekatalog (Bill of Rights) ersetzen, stoßen dabei aber auf heftigen Widerstand.

Die Konvention wurde 1950 von den Mitgliedstaaten des Europarats unterzeichnet, die auch den Gerichtshof in Straßburg einrichteten, der über ihre Einhaltung wacht. Die vom Gerichtshof getroffenen Urteile sind für die betroffenen Staaten bindend. Sunaks Vorgängerin Theresa May hatte in ihrer Zeit als Innenministerin gefordert, aus der Menschenrechtskonvention auszutreten. Der Gerichtshof hatte zuvor die Auslieferung des Al-Kaida-Funktionärs Abu Hamza in die USA mehrere Jahre lang verzögert und die Auslieferung des islamistischen Fundamentalisten Abu Qatada nach Jordanien beinahe verhindert.

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