Exportminus schürt Rezessionssorgen
rec Frankfurt
Der Ukraine-Krieg hat im ersten Monat tiefe Spuren in der hiesigen Exportwirtschaft hinterlassen. Deutsche Unternehmen führten im März kalender- und saisonbereinigt 3,3% weniger Waren aus als im Februar. Der vom Statistischen Bundesamt (Destatis) gemeldete Rückgang war der stärkste seit Beginn der Coronakrise im Frühjahr 2020, und er fiel heftiger als erwartet aus. Mit Blick auf die Importe wird eine Zweiteilung im Außenhandel deutlich, denn diese legten im März zu.
Im Anschluss an die akute Coronakrise hatten die deutschen Exporteure einen Lauf gehabt: Länger als ein Jahr verbuchten sie Monat für Monat steigende Exporterlöse. Eine ähnliche Serie werden sie in nächster Zeit wohl kaum starten können: Russlands Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar hat die robuste Erholung im Außenhandel jäh unterbrochen. Das schürt Sorgen vor einer Rezession. Im ersten Quartal ist die deutsche Wirtschaft dank eines Mini-Wachstums von 0,2% an einer technischen Rezession – also zwei aufeinanderfolgenden Minusquartalen – vorbeigeschrammt.
Die März-Zahlen zum Außenhandel geben einen ersten harten Eindruck vom Ausmaß der Kriegsfolgen für die Wirtschaft in Deutschland. Das Exportminus von 3,3% überrascht negativ: Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Rückgang von 2,0% gerechnet, nachdem es im Februar noch ein saison- und kalenderbereinigtes Wachstum von 6,2% gegeben hatte. Die Importe stiegen dagegen im März um 3,4%, nach einem Plus von 4,7% im Februar.
Sorgen in der Industrie
Wirtschaftsverbände sind in großer Sorge. Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer des Industrieverbands BDI, sagte: „Die deutsche Industrie befürchtet eine Abwärtsspirale für die Exportwirtschaft – mit gewaltigen Herausforderungen für die Industrieproduktion.“ Als Grund führt Lang neben dem Ukraine-Krieg die Corona-Nulltoleranzpolitik in China an – ebenso wie Dirk Jandura, der Chef des Außenhandelsverbands BGA. Daraus resultierende Lieferkettenprobleme belasteten die Unternehmen „massiv. Das trübt die Aussichten im Außenhandel weiter ein“, sagte Jandura.
Dabei gäbe die Auftragslage eigentlich Grund zu Optimismus. Auch hat sich die Stimmung unter den Exporteuren laut Ifo-Institut im April etwas aufgehellt. Doch auch Bankökonomen tun sich schwer, daraus Zuversicht für die kommenden Monate abzuleiten. ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski meint: „Die kurzfristigen Aussichten für die deutschen Exporte sind trotz gut gefüllter Auftragsbücher nicht gerade ermutigend.“ Alexander Krüger von der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe sagt: „Wegen des eklatanten Materialmangels ist vom Exportsektor vorerst wenig zu erwarten.“
Im März sind die Ausfuhren auf breiter Front rückläufig gewesen. Die Geschäfte mit Russland brachen auf der Exportseite laut Statistschem Bundesamt um 62% ein. Deutsche Unternehmen setzten dort nur noch Waren im Wert von 0,9 Mrd. Euro ab. In weit geringerem Umfang hat der Krieg die Importe aus Russland geschmälert (–2,4%), was im Wesentlichen an der hohen Abhängigkeit von Energielieferungen liegt.
Zähe Lieferantensuche
Aber auch in EU-Staaten, wohin der Großteil der Exporte geht, setzten deutsche Unternehmen weniger ab als im Februar. Die Exporte zum bedeutendsten Abnehmer USA zogen hingegen kalender- und saisonbereinigt um 3,2% an. Die Ausfuhren nach China sanken um 4,3%. Das dürfte allenfalls ein bitterer Vorgeschmack auf die kommenden Monate sein, zumal die Importe aus China im März noch deutlich zum Vormonat zulegten.
Damit dürfte es bis auf Weiteres vorbei sein. Denn die drastischen Corona-Beschränkungen beim wichtigsten Handelspartner nehmen kein Ende. ING-Ökonom Brzeski verweist auf eine Umfrage des Ifo-Instituts, wonach fast die Hälfte der deutschen Unternehmen auf Importe aus China angewiesen sind. Und BGA-Chef Jandura mahnt, die Unternehmen suchten händeringend nach neuen Lieferanten, um bestehende Aufträge bearbeiten zu können. „Für die Mehrheit der Unternehmen ist eine kurzfristige Auswechslung von Lieferanten jedoch nicht möglich.“
Wertberichtigt Seite 6