Konjunktur

Exportwende in China kommt früher als erwartet

Chinas Außenhandel hat im Oktober überraschend schwach abgeschnitten. Erstmals seit Mai 2020 sind sowohl die Export- als auch Importwerte in Dollar gerechnet wieder geschrumpft.

Exportwende in China kommt früher als erwartet

nh Schanghai

Exportweltmeister China sieht trüberen Zeiten im Außenhandel entgegen. Das zeigen die neuesten Daten der Pekinger Zollbehörden. Im Oktober sind Chinas Ausfuhren in den Rest der Welt zwar nur geringfügig, aber völlig unerwartet geschrumpft. Gegenüber dem Vorjahresmonat verbuchten die Statistiker ein Minus von 0,3% auf gut 298 Mrd. Dollar, während Experten fest mit einem Zuwachs von mindestens 4% gerechnet hatten.

Zwar zeichnete sich seit Jahresmitte eine sukzessive Abschwächung der chinesischen Exportkonjunktur ab, allerdings waren Beobachter von einer sanften Dynamikwende mit zunächst noch mittleren einstelligen Zuwachsraten ausgegangen. Noch im September hatten die chinesischen Ausfuhren in Dollar gerechnet um knapp 6% zugelegt.

Nach der raschen Erholung vom ersten Pandemieschock im Winter 2020 hatte Chinas Exportindustrie über gut zwei Jahre hinweg mit durchweg zweistelligen Zuwachsraten wesentlich dazu beigetragen, die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft auf Trab zu halten. Selbst die harten Einschnitte durch Chinas restriktive Corona-Nulltoleranzstrategie und damit verbundene Lieferkettenstörungen sowie die aus dem Ukraine-Krieg resultierenden Störungen färbten nur in geringem Maße auf Chinas Exportwirtschaft ab.

Seit dem Sommer allerdings macht sich die von hohen Inflationsraten in westlichen Industrieländern ausgehende Abschwächung der globalen Nachfrage nun auch in den Orderbüchern der chinesischen Exporteure sukzessive bemerkbar. Dies zeigt sich in einem deutlichen Rückgang der Ausfuhren in Richtung USA und dem EU-Handelsblock. Hier wurde zuletzt ein Rückgang um 12,6% auf 47 Mrd. Dollar beziehungsweise um 9% auf 44 Mrd. Dollar verzeichnet. Demgegenüber finden chinesische Exportgüter im südostasiatischen Raum weiter reißenden Absatz. Im Oktober etwa kletterten die Ausfuhren an die Gruppe der Asean-Staaten um 20 % auf knapp 49 Mrd. Dollar. Kräftige Zuwächse sind überdies im Handel mit Russland zu verzeichnen, der volumenmäßig aber nur wenig Einfluss auf das Gesamtbild hat.

Angesichts latenter Rezessionsgefahren in führenden Abnehmerländern gehen Ökonomen praktisch einhellig davon aus, dass sich die globale Nachfrage nach chinesischen Konsumgütern weiter zurückbildet. Gleichzeitig bringen zuletzt wieder ausufernde Corona-Restriktionen in China neue Dämpfer beim Verbrauchersentiment und sorgen für eine Konsumzurückhaltung, die sich auch auf die Importseite auswirkt. Im Oktober sind die chinesischen Einfuhren gegenüber dem Vorjahr um 0,7% auf 213 Mrd. Dollar abgeglitten. Auch dies bedeutet eine Enttäuschung: Analysten hatten einen leichten Anstieg auf dem Zettel.

Mit der Aussicht auf eine weitere Abschwächung der Außenhandelsdynamik in den kommenden Monaten reduzieren sich auch die Chancen auf die seitens der chinesischen Regierung prophezeite nachhaltige Erholung des in diesem Jahr vor allem von Corona-Restriktionen gebremsten Wirtschaftswachstums. Im dritten Quartal kam es zwar zu einem etwas höheren Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) als erwartet von 3,9%, die jüngsten Einkaufsmanagerindizes für Chinas Industrie- und Dienstleistungssektor und nun auch die Außenhandelsdaten lassen jedoch darauf schließen, dass die Wirtschaft im vierten Quartal wieder an Schwung einzubüßen droht.

Ein wesentlicher Faktor scheinen dabei wieder anziehende Corona-Restriktionsmaßnahmen zu sein, die in einer ganzen Reihe von chinesischen Großstädten und Industriezentren, darunter Guangzhou, Wuhan und Zhengzhou, zuletzt zu partiellen Lockdowns geführt haben. Am Wochenende hatte sich Chinas Gesundheitsministerium erneut da­zu bekannt, „unbeirrt“ an der Null-Covid-Strategie und entsprechenden Mobilitätsrestriktionen festzuhalten. Gleichzeitig wurden eine Reihe von Messen und Großveranstaltungen abgesagt, darunter auch die für Novembermitte geplante internationale Automesse in Guangzhou.

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