EZB erwartet wegen Fiskalpolitik höhere Inflation
Fiskalpolitik verstärkt Inflation
Höhere Staatsausgaben wegen Pandemie und Ukraine-Krieg treiben laut EZB Preise weiterhin
mpi Frankfurt
Die gestiegenen Fiskalausgaben in der Eurozone wegen der Corona-Pandemie und des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine wirken nach und werden sich laut einer Analyse der Europäischen Zentralbank auch in den nächsten Jahren in der Wirtschaft deutlich bemerkbar machen. In einem Papier für den Wirtschaftsbericht der Notenbank analysierten die Ökonomen, welche Effekte die Fiskalpolitik der Jahre 2020 bis Anfang 2025 auf Inflation und Wirtschaftswachstum hatten und noch haben werden.
Laut ihrem Modell haben die staatlichen Hilfsmaßnahmen in der Eurozone während der Pandemie das Wirtschaftswachstum deutlich gestützt und die Inflation zunächst kaum beeinflusst. Das Wachstum ist 2020 um rund 1,5 und 2021 um etwa 2,5 Prozentpunkte höher ausgefallen als in einem hypothetischen Szenario ohne diese Impulse. Die Preisentwicklung wurde gleichwohl 2020 leicht abgeschwächt und hat sich im Folgejahr nur geringfügig verstärkt.
Effekte drehen sich mit der Zeit um
Mit der Zeit ändert sich jedoch das Bild. Der positive Einfluss auf das Wirtschaftswachstum wird immer geringer. Der Inflationsdruck durch die Hilfsmaßnahmen in der Pandemie und die Ausgaben für die Ukraine nimmt dagegen zu. Für 2025 erwarten die EZB-Ökonomen dadurch eine um 0,7 Prozentpunkte höhere Inflation. 2026 und 2027 werden die Preise der Prognose zufolge um 0,4 bzw. 0,3 Prozentpunkte stärker ansteigen. Positive Impulse für das Wirtschaftswachstum werde es dagegen im Zeitraum 2025 bis 2027 nicht mehr geben. Womöglich könnte das Wachstum sogar etwas geringer ausfallen.
Nächste Zinssenkung bahnt sich an
Das Sondervermögen Deutschlands in Höhe von 500 Mrd. Euro für Infrastrukturinvestitionen sind in der Analyse ebenso unberücksichtigt wie die Pläne der EU-Mitglieder für höhere Militärausgaben. Ökonomen erwarten dadurch moderate Wachstumsimpulse für die Eurozone und höhere für Deutschland. Bei der Frage, ob diese Fiskalausgaben die Euro-Inflation substanziell verstärken werden, gehen die Meinungen auseinander.
Derweil verdichten sich die Anzeichen, dass die EZB im Juni auf eine weitere Zinssenkung zusteuern könnte. Bei der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank in Washington dominierten bei den Notenbankern, die Stimmen, die noch Spielraum für mindestens eine weitere Zinssenkung sehen.
Größere Lockerung?
Der finnische Notenbankchef Olli Rehn hält angesichts des Handelskonflikts der USA mit weiten Teilen der Welt gar eine größere Zinssenkung als nur um 25 Basispunkte für denkbar. Ein solcher Schritt dürfte allerdings bei den Falken im EZB-Rat auf wenig Gegenliebe stoßen. Diese halten es teilweise für gut möglich, dass der Zollkonflikt die Inflation im Euroraum mittelfristig verstärken könnte – ebenso wie die Fiskalpolitik.
Der nächste Zinsentscheid der EZB steht am 5. Juni an. Seit Beginn der Zinswende im Juni 2024 hat die Notenbank den Einlagensatz insgesamt siebenmal um je 25 Basispunkte gesenkt.