EZB senkt Prognosen
EZB schraubt Wachstumsprognosen nach unten
Erwartete Erholung beruht auf steigenden Realeinkommen und höheren Investitionen − Fortschritte bei der Disinflation − Zinsen um 25 Basispunkte gesenkt
Die Europäische Zentralbank lockert den Leitzins zum vierten Mal in diesem Jahr − um 25 Basispunkte. Nachdem Investitionen und Exporte schwächer als erwartet ausgefallen sind, haben die Volkswirte der Notenbank die Wachstumsprognosen gesenkt. Die Inflation befindet sich auf gutem Weg zum Preisziel von 2%.
ba Frankfurt
Die EZB sieht sich auf gutem Weg, das mittelfristige Preisziel von 2% zu erreichen. Im November legten die Verbraucherpreise im gemeinsamen Währungsraum noch um 2,3% zu − im Herbst 2022 war das Rekordhoch von 10,7% erreicht worden. Das Wachstum allerdings dürfte etwas schwächer ausfallen als bislang vermutet. Mit den neu vorgelegten Projektionen bewegen sich die Volkswirte des Eurosystems im Bereich der Prognosen anderer Institutionen, wie etwa der EU-Kommission oder dem Internationalen Währungsfonds. Dass die erstmals für 2027 vorgelegte Inflationsprognose leicht über den anderen Voraussagen liegt, führt die EZB auf eine unterschiedliche Einschätzung der Auswirkungen des dann eingeführten zweiten EU-Emissionshandelssystems (ETS2) zurück.
Kerninflation sinkt gleichfalls
„Der Disinflationsprozess schreitet gut voran“, heißt es in der Pressemitteilung zu den geldpolitischen Beschlüssen des EZB-Rats. Die Fachleute des Eurosystems erwarten eine Gesamtinflation von durchschnittlich 2,4 (bisher: 2,5)% für das zu Ende gehende Jahr. 2025 soll sie dann auf 2,1 (2,2)% zurückgehen und 2026 mit 1,9 (1,9)% wieder unter das Preisziel der EZB von 2% fallen. Für 2027 ist in den Projektionen ein Wert von durchschnittlich 2,1% eingestellt. Bei der Kerninflation, bei der die volatilen Nahrungsmittel- und Energiepreise ausgeklammert sind, veranschlagen die EZB-Ökonomen Raten von 2,9% im laufenden Jahr sowie von 2,3% für 2025 und 1,9% in den beiden Folgejahren. Hier wurde lediglich die Prognose für 2026 um 0,1 Prozentpunkte reduziert.
Nachhaltig am Zielwert
„Die meisten Messgrößen der zugrunde liegenden Inflation deuten darauf hin, dass sich die Inflation nachhaltig im Bereich des mittelfristigen Zielwerts des EZB-Rats von 2% einpendeln wird“, schreiben die Ökonomen. Die Binneninflation sei leicht gesunken, bleibe aber hoch. „Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass sich die Löhne und Preise in bestimmten Sektoren derzeit noch mit einer erheblichen Verzögerung an den starken Inflationsanstieg in der Vergangenheit anpassen.“, so die Erklärung.
Stärkere Revisionen zeigen sich bei den Wachstumsprognosen. Trotz erheblicher geopolitischer und politischer Unsicherheiten dürfte sich die Euro-Wirtschaft in den kommenden Jahren allmählich erholen, so die Erwartung. Als einer der Haupttreiber gilt der Konsum, gestützt von steigenden Reallöhnen und einer zunehmenden Beschäftigung. Die Arbeitslosenquote dürfte weiter auf ein historisch niedriges Niveau sinken. Zudem sollte die Binnennachfrage auch durch gelockerte Finanzierungsbedingungen infolge der Zinssenkungen der EZB gestärkt werden. Vom Außenhandel wird trotz der Herausforderungen hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit ein neutraler Beitrag erwartet − sofern „die Handelspolitik der wichtigsten Handelspartner Europas unverändert bleibt“.
Weniger Wachstum vorhergesagt
Insgesamt wird das durchschnittliche reale BIP-Wachstum 2024 mit 0,7 (zuvor: 0,8)% erwartet, das 2025 auf 1,1 (1,3)% und 2026 auf 1,4 (1,5)% anziehen dürfte. Für 2027 wird eine Abschwächung auf 1,3% vorausgesagt. Die Prognoserevisionen werden mit niedrigeren Investitionen im ersten Halbjahr 2024, geringeren Exporterwartungen 2025 sowie einer schwächeren Binnennachfrage 2026 erklärt.
„Obwohl von großer Unsicherheit umgeben, wird davon ausgegangen, dass sich die Fiskalpolitik insgesamt auf einem Konsolidierungspfad befindet“, heißt es weiter. Dennoch sollten Mittel aus dem Programm NextGenEU das Wachstum bis zum Auslaufen des Programms 2027 unterstützen.