EZB verpasst Zinswetten einen Dämpfer
EZB verpasst Zinswetten
einen Dämpfer
Keine Diskussion über Lockerung – Mehr Tempo beim Bilanzabbau – Euro legt zu
mpi / tom Frankfurt
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat wie erwartet ihre Zinspause verlängert, aber mit der Ankündigung eines schnelleren Bilanzabbaus überrascht. Ab der zweiten Jahreshälfte 2024 reduziert die Notenbank ihre Reinvestitionen aus dem Anleihekaufprogramm PEPP um durchschnittlich 7,5 Mrd. Euro pro Monat. Das entspricht einer Reduktion um 50%. Ab 2025 ist mit den Reinvestitionen dann ganz Schluss.
Anleger sollten den schnelleren Bilanzabbau jedoch nicht als Vorbereitung einer Zinssenkung verstehen, mahnte EZB-Präsidentin Christine Lagarde am Donnerstag auf der Pressekonferenz im Anschluss an den Zinsentscheid. „Wir haben überhaupt nicht über Zinssenkungen diskutiert“, erklärte Lagarde. Die Inflationsrate werde voraussichtlich im Dezember wieder steigen, ehe sie 2024 wieder „langsam“ sinke.
EZB senkt Inflationsprognosen
Die EZB hat ihre Inflationsprognosen nach unten geschraubt. Für 2024 rechnet sie nun mit 2,7%. Bei der vorherigen Projektion im September hatte die Prognose noch bei 3,2% gelegen. Der Ausblick für 2025 bleibt unverändert bei 2,1%. Auf die Euro-Konjunktur blickt die Notenbank etwas pessimistischer, aber sie rechnet weiterhin mit keiner Rezession. Statt um 1,0% wächst die Wirtschaftsleistung der Eurozone laut Prognose im kommenden Jahr um 0,8%.
EZB und BoE stimmen falkenhafte Töne an
Anleger hoffen angesichts der deutlich abnehmenden Inflationsraten in den vergangenen Monaten auf baldige Zinssenkungen der Fed, der EZB und der Bank of England (BoE). Während US-Notenbankchef Jerome Powell nach dem Fed-Zinsentscheid am Mittwoch moderate Töne anschlug, die Beobachter als eher taubenhaft werteten, war EZB und BoE am Donnerstag daran gelegen, die Zinssenkungsfantasien an den Finanzmärkten zu dämpfen.
Die britische Notenbank hat am Donnerstag ebenso wie die EZB – und tags zuvor die Fed – die Leitzinsen unverändert gelassen. „Die Geldpolitik wird vermutlich für einen längeren Zeitraum restriktiv sein müssen“, heißt es im Protokoll der jüngsten Sitzung des geldpolitischen Komitees. Damit behält die BoE ihre falkenhaften Töne bei.
Die Zinsentscheidung der EZB und die Powell-Aussagen haben den Greenback unter Druck gesetzt und für einen Anstieg des Euro gesorgt. Die Gemeinschaftswährung legte um 1,1% auf 1,0993 Dollar zu. Der Dax hat nach der Sitzung der EZB dagegen seine Tagesgewinne wieder abgegeben und schloss bei 16.752 Punkten.