Geldpolitik

EZB-Vize de Guindos warnt vor Rezession

EZB-Vizepräsident Luis de Guindos blickt pessimistisch auf die Konjunktur und optimistisch auf die Entwicklung der Inflation. Die Debatte über Zinssenkungen der EZB gewinnt in dieser Woche an Fahrt.

EZB-Vize de Guindos warnt vor Rezession

EZB-Vize de Guindos warnt vor Rezession

Wirtschaft könnte im zweiten Halbjahr 2023 geschrumpft sein – Debatte über Zinssenkungen gewinnt an Fahrt

mpi Frankfurt

EZB-Vizepräsident Luis de Guindos befürchtet eine technische Rezession in der Eurozone. Konjunkturindikatoren deuten laut dem Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) darauf hin, dass die Wirtschaft auch im Dezember geschrumpft ist. Dadurch drohe für das zweite Halbjahr 2023 eine Rezession. Außerdem seien die Aussichten für die nahe Zukunft „schwach“, betonte de Guindos am Mittwoch auf einer Veranstaltung in Madrid.

Der Einkaufsmanagerindex (PMI) Composite für die Privatwirtschaft im Euroraum war im Dezember überraschend erneut gefallen. Vor allem die Industrie der Eurozone erweist sich derzeit als Bremsklotz für die Wirtschaftsentwicklung. Auch laut dem Konjunkturtableau der Börsen-Zeitung in Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) ist die Rezessionsgefahr hoch. Im dritten Quartal 2023 schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt der Eurozone bereits um 0,1%. EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel hält die kurzfristigen Konjunkturaussichten ebenfalls für schwach, wie sie am Mittwoch bei einer Fragerunde auf der Plattform X verkündete.

Lob für EU-Fiskalregeln

Auf die Entwicklung der Inflation blickt de Guindos optimistischer als auf die Konjunktur. Der Anstieg der Teuerungsrate im Dezember sei nur vorübergehend. 2024 werde sich der disinflationäre Trend fortsetzen. Das Tempo beim Inflationsrückgang nehme aber ab.

Lobende Worte fanden de Guindos und Schnabel für die neuen Fiskalregeln der EU. „Der reformierte Rahmen wird dazu beitragen, ein Gleichgewicht zwischen nachhaltigen öffentlichen Finanzen und ausreichendem Schuldenabbau einerseits und Spielraum für Reformen und Investitionen andererseits zu finden und gleichzeitig die Antizyklizität der Finanzpolitik zu unterstützen“, sagte de Guindos.

Debatte über Zinssenkungen gewinnt an Fahrt

Andeutungen über einen möglichen Zeitpunkt für erste Zinssenkungen der EZB machte de Guindos nicht. Etwas konkreter äußerten sich in dieser Woche die Ratsmitglieder Mario Centeno und Boris Vujcic. Der kroatische Notenbankpräsident Vujcic hatte gegenüber dem Fernsehsender N1 gesagt, dass er von keiner Zinssenkung in den kommenden Monaten ausgeht. „Wir reden jetzt nicht über Zinssenkungen und werden dies wahrscheinlich auch nicht vor dem Sommer tun“, meinte er. Auch Schnabel sagte auf X, dass es für Diskussionen über Zinssenkungen zu früh sei.

EZB-Ratsmitglied Centeno kann sich zeitnahe Zinssenkungen vorstellen

Anders klang es beim portugiesischen Notenbankchef Centeno. „Wir werden entscheiden, wann wir sie senken werden, und zwar früher, als wir bis vor kurzem dachten“, sagte er in einem Interview mit Econostream Media. Die jüngsten Inflations- und Konjunkturdaten hätten die EZB näher an eine erste Lockerung gebracht, die womöglich schon bis Mai erfolgen könnte.

An den Finanzmärkten ist bereits seit längerem eine erste Zinssenkung bis spätestens April eingepreist. Viele EZB-Ratsmitglieder weisen diese Spekulationen bislang zurück, teils im deutlichen Tonfall. Mit Centeno gibt es nun auch eine Äußerung, die diese Zinswette stützt.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.