Geldpolitik

EZB-Zinspause wird wahrscheinlicher

Die EZB hält sich offen, ob sie im April eine weitere Zinssenkung beschließt. Äußerungen von EZB-Ratsmitgliedern deuten darauf hin, dass eine Zinspause eine realistische Option ist.

EZB-Zinspause wird wahrscheinlicher

EZB-Zinspause wird wahrscheinlicher

Villeroy de Galhau: Autopilot abgeschaltet – Notenbanker betonen geopolitische Risiken

mpi Frankfurt

Am Tag nach dem Zinsentscheid der EZB verdichten sich die Anzeichen, dass im April eine Zinspause der Notenbank anstehen könnte. Frankreichs Notenbankpräsident François Villeroy de Galhau verzichtete in einem Interview mit „Radio Classique“ darauf, einen Zinsausblick bis zu diesem Sommer zu geben. Bislang hatte das EZB-Ratsmitglied gesagt, dass der Einlagensatz bis dahin auf 2% fallen könnte. Dies entspräche zwei weiteren Zinssenkungen um 25 Basispunkte.

Stattdessen sagte der Franzose nun, dass man sich alle Optionen offen halte müsse. „Es ist nicht die Zeit für einen Autopiloten“, führte er aus. Geopolitische Risiken durch einen möglichen Zollkonflikt der USA mit der EU könnten die wirtschaftliche Lage ändern. Die EZB müsste dann entsprechend reagieren. Villeroy de Galhau sieht die Notenbank jedoch weiterhin auf einem guten Weg, ihr Inflationsziel von 2% zu erreichen.

In ihren jüngsten Projektionen geht die EZB wegen höherer Energiepreise jedoch nicht mehr davon aus, dass sie ihr Inflationsziel im Laufe des Jahres erreicht, sondern erst Anfang 2026. Der lettische Notenbankchef Martins Kazaks relativierte im Interview mit „Econostream“ am Freitag diese Verzögerung. „Ein paar Monate früher oder später macht nicht wirklich etwas aus“, sagte er. „Seien wir pragmatisch: Die Dinsinflation setzt sich fort und die Inflationserwartungen bleiben verankert, was natürlich dabei hilft, dass die Geldpolitik effektiv wirkt.“

„Agil und pragmatisch“

Bezogen auf den Zinsentscheid im April sagte Kazaks, dass es wichtig sei, „pragmatisch“ und „agil“ vorzugehen. „Die Unsicherheit ist auf ein Niveau gestiegen, das wir seit sehr langem nicht gesehen haben.“ Zum einen müsste man schauen, wie sich die geopolitische Lage entwickle. Zum anderen, welche Effekte die neuen Fiskalpläne der Bundesregierung und anderer EU-Staaten auf die Inflation und das Wirtschaftswachstum haben werden.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde wollte am Donnerstag auf der Pressekonferenz nach dem Zinsentscheid ebenfalls für den April nichts ausschließen. Würden die Daten eine Zinspause nahelegen, werde man diese beschließen. Würden die Daten hingegen für eine Zinssenkung sprechen, werde die EZB erneut lockern. Ihr frühere Aussage, die Richtung der Reise sei klar, wiederholte sie hingegen nicht.

Nicht wenige Ökonomen und Anleger sehen die Kommunikation von ihr und ihren Ratskollegen als Hinweis, dass sich eine Zinspause anbahnen könnte. Neben der angepassten Stellungnahme des EZB-Rats zur restriktiven Wirkung der Geldpolitik deuten Analysten Lagardes Aussagen zur wirtschaftlichen Entwicklung als ein Indiz für eine mögliche Zinspause. Lagarde hatte von einem verhaltenen Start der Euro-Wirtschaft ins neue Jahr gesprochen.

Dabei war das Wachstum zumindest zum Jahresende doch nicht ganz so schwach ausgefallen wie zunächst gemeldet. Das Statistikamt Eurostat revidierte das BIP-Wachstum für das vierte Quartal um 0,1 Prozentpunkte auf 0,2% nach oben. Für das Gesamtjahr 2024 wird nun ein Wachstum von 0,9% statt zuvor 0,7% verzeichnet. Hauptwachstumstreiber waren der staatliche und der private Konsum, die im Schlussabschnitt um je 0,4% im Quartalsvergleich zugelegt hatten. Die Vorratsveränderungen hingegen bremsten die Konjunktur, der Außenhandel erwies sich als neutral.

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