Wege aus der Staatsverschuldung

Finanzielle Repression ist keine Lösung

Die Schuldenbremse wird politisch heftig angegangen. Doch der Abbau des Schuldenbergs klappt wohl nur auf die harte Tour. Alternative Schleichwege bringen letztendlich schlimme Nebenwirkungen mit sich, zeigt eine Studie.

Finanzielle Repression ist keine Lösung

Finanzielle Repression ist keine Lösung

Schleichwege aus der hohen Staatsverschuldung haben fatale Nebeneffekte

Die Schuldenbremse wird politisch heftig angegangen. Sie blockiere nötige Investitionen, führen Kritiker an. Doch der Abbau des Schuldenbergs klappt wohl nur auf die harte Tour über Sparen und Streichen, weil alternative Schleichwege, die genannt werden, letztendlich schlimme Nebenwirkungen mit sich bringen.

Von Stephan Lorz, Frankfurt

Die weltweit steigende Staatsverschuldung engt den Handlungsspielraum der betroffenen Staaten zunehmend ein. Denn ein immer größerer Teil des Haushalts muss für Zinszahlungen hergenommen werden. Oftmals werden dann – wie in Deutschland – statt der Konsumausgaben die Investitionen gekürzt. Mit dramatischen Folgen: Die Infrastruktur wird marode und das Wachstumspotenzial verkümmert, was wiederum die künftigen Steuereinnahmen verringert und den Schuldendruck zusätzlich erhöht. Aber gibt es vielleicht Schleichwege, um die Senkung der Staatsverschuldung auf die harte Tour über Einsparungen zu vermeiden?

Höhere Steuern? Das mindert die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts und geht mittelbar ebenfalls auf Kosten des Wachstums. Senkung der Sozialausgaben? Der Aufschrei dürfte unüberhörbar sein. Die Wahlchancen sinken. Und welche Regierungspartei sägt schon am eigenen Ast? Mehr Wachstum? Das ist eigentlich der Königsweg. Doch oftmals kann sich die Politik nicht zu Strukturreformen durchringen, weil es auch hier Verlierer gibt. Und vielfach treten die segensreichen Wirkungen dann nicht sofort ein, sodass sich die Urheber nicht mit Reformerfolgen schmücken können.

Notenbanken müssen mitspielen

Manche Ökonomen raten daher zum Instrument der „finanziellen Repression“, die mittelbar die Schulden verringert. Das geschieht entweder durch erhöhte Inflation, welche die Schuldenlast tendenziell senken kann. Hierzu müssen aber die Notenbanken mitspielen. Für viele Beobachter ist die unkonventionelle Geldpolitik mit Anleihekäufen und Staatsgarantien („Whatever it takes“) bereits ein Schritt in diese Richtung. Denn ungezügeltes Geldmengenwachstum führt automatisch zu Teuerung.

Oder man versteht unter finanzieller Repression Maßnahmen, die es einer Regierung ermöglichen, ihre Schulden zu künstlich niedrigen Zinsen bei Finanzinstituten zu platzieren. Zinsobergrenzen, Kapitalverkehrskontrollen, Zwang zum Halten von Staatspapieren oder spezifische Regulierungen wie Taxonomien können eine schleichende Umverteilung zugunsten des Staates in die Wege leiten.

Paradebeispiel USA

Die US-Wirtschaft unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg gilt hierfür als Paradebeispiel: Die Schuldenquote lag 1945 bei nahezu 140% des BIP, gleichzeitig stieg der Anteil der Staatsanleihen, welche die Geschäftsbanken hielten, auf knapp 80% ihres Anlagenportfolios. Bis zu den 60er Jahren verringerte sich die Schuldenquote dann auf unter 60% des BIP; und auch der Anteil der Staatsanleihen im Banksystem sank auf rund 30%.

Zinseffekt ohne Wirkung

Allerdings ist auch das natürlich mit Nebeneffekten verbunden, die gern unter den Tisch gekehrt werden. Darauf verweist ein Aufsatz im Research Brief der Bundesbank: „An easy way out – Finanzielle Repression als leichter Weg aus den Schulden?“. Die Autoren zeigen, dass der mittelbare oder unmittelbare Zwang, Staatsanleihen zu günstigeren Bedingungen unter die Leute zu bringen, ökonomische Folgen hat, die wiederum das Ziel der Entschuldung unterminieren. Sie sprechen sogar von einem „Trugschluss“, auf diese Weise die Schuldenquote senken zu können. Denn nach ihren Berechnungen reichen Geschäftsbanken dann weniger Kredite an private Investoren aus, was die Investitionstätigkeit mindert und das Wachstum abschwächt. Der Zinseffekt werde durch diese Effekte „mehr als aufgewogen“, die Inflation sinkt.

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