EZB-Ratssitzung

Gemischte Signale von der Euro-Konjunkturfront

Der EZB-Rat steht am Donnerstag vor einer wegweisenden Sitzung – vor allem mit Blick auf das Corona-Notfallanleihekaufprogramm PEPP. Neue Konjunkturdaten zeichnen kurz vorher ein gemischtes Bild.

Gemischte Signale von der Euro-Konjunkturfront

ms Frankfurt

Unmittelbar vor der richtungsweisenden Sitzung des EZB-Rats am kommenden Donnerstag haben neue Konjunkturdaten ein gemischtes Bild von der Euro-Wirtschaft gezeichnet. So trübte sich die Stimmung der Unternehmen im Euroraum im August etwas stärker ein als zunächst gemeldet; allerdings verharrt sie auf hohem Niveau und spricht für einen weiter robusten Aufschwung. Zugleich verzeichnete der Einzelhandel im Juli unerwartet starke Umsatzeinbußen; das dürfte aber auch damit zu tun haben, dass der Juni aufgrund der Lockerungen ein sehr starker Monat war. Ökonomen sind mehrheitlich überzeugt, dass die EZB ab dem vierten Quartal ihre Anleihekäufe drosseln wird.

Bei der Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag dürfte es insbesondere um die Zukunft des 1,85 Bill. Euro umfassenden Corona-Notfallanleihekaufprogramms PEPP gehen. In den vergangenen Tagen haben die „Falken“ und „Tauben“, also die Verfechter einer eher strafferen und einer eher lockeren Geldpolitik, bereits öffentlich um den Kurs gerungen. Die „Falken“ dringen angesichts der sich erholenden Konjunktur und der stark anziehenden Inflation auf eine Reduzierung des seit März erhöhten PEPP-Kauftempos ab dem vierten Quartal – und auf ein zeitiges Ende von PEPP im März 2022. Die „Tauben“ dagegen mahnen zur Vorsicht. Sie betonen die große Unsicherheit durch die Pandemie.

Wie das Institut IHS Markit nun am Freitag mitteilte, fiel der Einkaufsmanagerindex für die Privatwirtschaft, also Industrie und Dienstleister zusammen, im August um 1,2 auf 59,0 Punkte. Eine erste Erhebung hatte noch 59,5 Punkte ergeben. Ne­ben der vierten Coronawelle gelten vor allem die globalen Lieferkettenprobleme als Bremsklotz für die Wirtschaft. Allerdings deutet das hohe Niveau weiter auf robustes Wachstum hin. „Die Eurozone ist auf dem besten Weg, bis zum Jahresende – wenn nicht schon früher – ihr Vorkrisenniveau zu erreichen“, sagte Markit-Chefvolkswirt Chris Williamson.

Die Einzelhändler in der Eurozone starteten derweil überraschend mit einem Umsatzschwund in die zweite Jahreshälfte. Ihre Einnahmen sanken im Juli um 2,3% zum Vormonat, wie Eurostat ebenfalls am Freitag mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Mini-Wachstum von 0,1% gerechnet. In den beiden Vormonaten hatte es wegen der Wiedereröffnung vieler Geschäfte nach den Corona-Lockdowns deutliche Zuwächse gegeben – im Juni von 1,8%, im Mai sogar von 4,1%. Auch in Deutschland hatte es im Juli ein sattes Minus gegeben. Destatis hatte das aber explizit auch mit dem umsatzstarken Juni begründet. Der Konsum ist derzeit der große Hoffnungsträger für die Konjunktur.

Bei der EZB-Zinssitzung am Donnerstag legen die Volkswirte der Notenbank auch neue Projektionen vor. Bei der Inflation hatten sie im Juni für dieses und die nächsten Jahre Raten von 1,9%, 1,5% und 1,4% vorausgesagt. Die neuen Projektionen werden wesentlichen Einfluss auf den weiteren Kurs haben.

Volkswirte sind mehrheitlich überzeugt, dass der EZB-Rat das PEPP-Kauftempo nach September drosseln wird. Das geht aus neuen Umfragen der Nachrichtenagenturen Reuters und Bloomberg hervor. Das Bild ist aber keineswegs einheitlich – was für zusätzliche Spannung vor Donnerstag sorgt. Mit einer Entscheidung zur weiteren Zukunft von PEPP rechnet aktuell aber kaum jemand. Diese Diskussion zeichnet sich für Herbst ab.