Gemischtes Konjunkturbild für die deutsche Industrie
Gemischtes Bild für die deutsche Industrie
Großaufträge verzerren Auftragsdaten – Kräftige Abwärtsrevisionen – Außenhandelsbilanzüberschuss steigt
Weniger Aufträge, aber unerwartet starke Exportzahlen: Die Daten für März geben kein einheitliches Konjunktursignal. Eine höhere Nachfrage aus den USA und China macht sich zwar im Außenhandel bemerkbar, doch schlägt die sich belebende Weltwirtschaft noch nicht vollends durch.
ba Frankfurt
Der März beschert der deutschen Industrie ein gemischtes Zahlenbild: Während die geringeren Großaufträge ein unerwartetes Auftragsminus gebracht haben, hat sich der Außenhandel wegen der guten Nachfrage aus den USA und China belebt. Da zudem die Industrieumsätze gesunken sind, dürfte die Produktion im Trend weiter rückläufig bleiben. Im zweiten Quartal wird die Wirtschaft daher wohl nur schwerlich den unerwarteten Wachstumskurs vom Jahresbeginn fortsetzen. Eine nachhaltige Erholung erwarten Ökonomen erst in der zweiten Jahreshälfte.
Kräftige Abwärtsrevision
Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) hat das verarbeitende Gewerbe im März preis-, saison- und kalenderbereinigt 0,4% weniger Neubestellungen generiert als im Februar. Zudem ist der Vormonat deutlich schwächer ausgefallen als zunächst gemeldet: Statt eines Zuwachses um 0,2% berichten die Wiesbadener Statistiker nun über einen Rückgang um 0,8% im Monatsvergleich.
Seit längerem sorgen Großaufträge für extreme Ausschläge bei den Auftragsdaten, so auch in diesem Monat: Ohne diese volatile Komponente sind die Orderzahlen um 0,1% gestiegen. So melden die Statistiker auch einen Rückgang um 2,3% im sonstigen Fahrzeugbau, zu dem etwa Flugzeuge, Schiffe und Züge gehören. Aber auch das Minus von 4,5% bei der Herstellung von Metallerzeugnissen wirkte sich negativ auf das Gesamtergebnis aus. Wachstumsbeiträge lieferten hingegen die Zuwächse der Auftragseingänge in der Automobilindustrie (+1,1%) und bei der Herstellung von elektrischer Ausrüstung (+5,9%). Und während die Inlandsaufträge schwächelten, legte vor allem die Nachfrage aus Euro-Mitgliedsländern zu.
Geringere Umsätze deuten Produktionsminus an
Der um 0,7% gesunkene Umsatz im verarbeitenden Gewerbe lässt auf einen anhaltenden Abwärtstrend der Produktion schließen. Und auch hier setzten die Statistiker beim Vormonatsergebnis kräftig den Rotstift an: Statt eines Anstiegs von 2,2% steht nunmehr ein Plus von 1,1% zu Buche.
Solange die industrieabhängige deutsche Wirtschaft kein für einen nachhaltigen Aufschwung nötiges Auftragsplus erhalte, „bleibt es beim Ritt auf der Rasierklinge zwischen einem leichten Wachstum und einem Rückgang der Wirtschaftsleistung“, mahnt Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. Gut sei derweil, dass die schwache Auftragslage bislang keine deutlichen Spuren am Arbeitsmarkt hinterließ. „Positiv wirkt auch, dass sich die Situation bei Gas, Strom und Co. entspannt hat, sodass zumindest die energieintensive Produktion wieder etwas hochfährt.“
Unerwartet kräftiges Exportplus
Als erfreulich werten Ökonomen das Exportplus im März: So kletterten die Ausfuhren Destatis zufolge um 0,9% im Monatsvergleich auf 134,1 Mrd. Euro. Ökonomen hatten lediglich ein Plus von 0,3% erwartet, nachdem die Exporte im Februar um 1,6% gefallen und im Januar um 5,9% gestiegen waren. „Die Exporte halten ein ansprechendes Niveau“, sagte Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Die Importe hingegen stiegen deutlich schwächer, nämlich um 0,3% auf 111,9 Mrd. Euro. Daher ergibt sich ein Außenhandelsbilanzüberschuss von kalender- und saisonbereinigt 22,3 Mrd. Euro. Im Februar waren es noch 21,4 Mrd. Euro. Destatis hatte bei der ersten Schnellmeldung zur Wirtschaftsentwicklung im ersten Quartal bereits mitgeteilt, dass die Exporte – neben den Bauinvestitionen – zu dem Wachstum von 0,2% im Quartalsvergleich geführt hatten.
Im März legten die Exporte sowohl in die USA als auch nach China zu: Für die Ausfuhren in die Vereinigten Staaten meldet Destatis ein Plus von 3,6% auf 14,3 Mrd. Euro. Die Exporte nach China legten um 3,7% auf 8,3 Mrd. Euro zu.
Die Aussichten der hiesigen Exportindustrie allerdings haben sich zuletzt leicht eingetrübt: Die Ifo-Exporterwartungen sanken im April auf −2,0 Punkte, von −1,2 Punkten im März. „Die Stimmung ist etwas gedämpft“, sagt dazu Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. Es fehle im Moment der Schwung.
„Die vielen guten Wachstumsaussichten in der Weltwirtschaft schlagen sich noch nicht in zusätzlichen Aufträgen nieder.“ Die Industrieländerorganisation OECD hat jüngst die Prognose für das Wachstum der Weltwirtschaft für 2024 von 2,9 auf 3,1% erhöht.