Italiens Premierministerin Giorgia Meloni

Giorgia Meloni ringt um mehr Einfluss in Brüssel

Nach dem Sieg bei den Europawahlen und dem erfolgreichen G7-Gipfel sind für Italiens Premierministerin Giorgia Meloni nun die Mühen der Ebene gekommen. Bei der Besetzung der Spitzenposten in der EU ringt sie heftig um Einfluss.

Giorgia Meloni ringt um mehr Einfluss in Brüssel

Harte Landung für Meloni in Brüssel

Italiens Premierministerin ringt um Einfluss und Verbündete

bl Mailand

Nach ihrem klaren Sieg bei den Europawahlen und dem erfolgreichen G7-Gipfeltreffen in Apulien ist Italiens Premierministerin Giorgia Meloni in Brüssel vorerst unsanft auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Die erhoffte Schlüsselrolle bei der Besetzung der EU-Spitzenposten jedenfalls bleibt ihr einstweilen verwehrt. In vielen europäischen Ländern ist sie nach wie vor Persona non grata. Sie hat deshalb vor allem linke und liberale Parteien, die bisher mit der Volkspartei die Mehrheit bilden, gegen sich. Außerdem droht sie zerrieben zu werden zwischen rechtsnationalen und eher gemäßigt konservativen Parteien.

Meloni selbst sieht Italien als einzigen Stabilitätsanker in Europa und hätte in Brüssel am liebsten eine Konstellation wie in Rom: eine rechte Mehrheit unter Ausschluss von Sozialisten und Sozialdemokraten und ein Europa der Vaterländer mit starken Nationalstaaten. Nach einem solchen Szenario sieht es derzeit aber nicht aus.

Doch angesichts der ins Rutschen geratenen Verhältnisse hat sie die Hoffnung nicht aufgegeben. Sie versteht sich ausnehmend gut mit der bisherigen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und hofft auf deren Entgegenkommen. Rom spekuliert auf einen sehr einflussreichen Posten in der EU-Kommission und einen Vizepräsidentenposten, vielleicht sogar mehr. Dass von der Leyen angeblich die Veröffentlichung eines sehr kritischen Berichts zur Entwicklung der Pressefreiheit in Italien verhindert, würde die These stützen, dass die Deutsche (auch) auf Meloni setzt.

Doch Meloni hat viele Schwachstellen. Sie setzt etwa von der EU verlangte Reformen des Wettbewerbsrechts (Strandbäder) oder der Justiz nicht oder nur abgemildert durch. Sie hat den Straftatbestand des Amtsmissbrauchs in der Verwaltung praktisch abgeschafft. Den Green Deal von der Leyens und das Verbrenner-Aus will sie aufhalten oder verzögern. Und sie blockiert die Reform des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM).

Noch etwas hat sich in Italien unter Meloni nicht verändert, im Gegenteil: Rom weist mit 7,4% des Bruttoinlandsprodukts das höchste Defizit der EU aus. Und die Schulden dürften bald auf über 140% des Bruttoinlandsprodukts steigen. Ein EU-Verfahren gegen Italien ist unausweichlich. Meloni will eine Aufweichung des neuen Stabilitäts- und Wachstumspakts und eine gemeinsame Schuldenaufnahme. Dass der Spread zwischen deutschen und italienischen Bonds wieder steigt, schränkt den haushaltspolitischen Spielraum Roms weiter ein.

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