Wachstum

Großbritannien bremst schon vor Omikron ab

Die britische Wirtschaft hat im Oktober nahezu stagniert. In den schwachen Daten spiegelt sich die Ankunft der neuen Sars-CoV 2-Variante und der erneuten Corona-Restriktionen noch nicht wider.

Großbritannien bremst schon vor Omikron ab

hip London

Die Erholung der britischen Wirtschaft hat sich schon vor Ausbreitung der neuen Sars-CoV-2-Variante deutlich verlangsamt. Wie das Statistikamt ONS mitteilte, wuchs das Bruttoinlandsprodukt im Oktober nur noch um 0,1 %. Volkswirte hatten im Schnitt ein Plus von 0,4 % auf der Rechnung. Im Vormonat expandierte die Wirtschaft noch um 0,6 %. Schatzkanzler Rishi Sunak warnte vor „Bodenwellen auf unserem Weg zur Erholung“. Die Regierung habe früh gehandelt, das 400 Mrd. Pfund schwere Hilfspaket für die Wirtschaft und die erfolgreiche Impfkampagne sollten dafür sorgen, dass die Wirtschaft in der Spur bleibe. „Wir haben uns schneller als erwartet erholt, mit mehr Beschäftigten als je zuvor und einer weiterhin niedrigen Zahl von Entlassungen“, sagte Sunak.

Spürbare Brexit-Folgen

Im Außenhandel sind die Brexit-Auswirkungen der HSBC zufolge weiterhin spürbar. Der Oktober sei der zehnte Monat in Folge gewesen, in dem die Importe aus Ländern jenseits der EU-Außengrenzen die Einfuhren aus der Staatengemeinschaft übertrafen. In den drei Monaten per Ende Oktober schrumpften die Importe aus der EU um 8 %, die Exporte auf den Kontinent gingen um 1,2 % zurück. Insgesamt stiegen die Einfuhren um 3,2 %, während die Ausfuhren um 0,6 % zurückgingen.

„Die jüngsten Daten zeigen, wie anfällig die Wirtschaft für einen erneuten Schock war“, schrieb die Analystin Susannah Streeter von Hargreaves Lansdown. „Die Ausbreitung der Omikron-Variante dürfte nun der Tiefschlag sein, der sie ins Schwanken bringt, während die Preise weiter steigen.“ In den Zahlen spiegelt sich nicht nur wider, dass weniger auswärts gegessen wurde als in den Sommermonaten. Auch die Versorgungsengpässe, mit denen die Bauwirtschaft zu kämpfen hat, finden sich darin. Das Wachstum in der Dienstleistungsbranche wurde vom öffentlichen Sektor getragen, insbesondere vom Gesundheitswesen, wo sich deutlich bemerkbar machte, dass Hausärzte wieder Termine an Patienten vergaben. Doch nun wurden von der Regierung erneut Corona-Restriktionen verhängt, wenn auch in weit weniger großem Umfang als im vergangenen Winter. Das Arbeiten von zuhause, die Maskenpflicht und die Pflicht zur Vorlage von Impfnachweisen beim Besuch einer Disco oder einer Großveranstaltung dürften dazu führen, dass sich die Ausgaben der privaten Haushalte von Dienstleistungen hin zu Waren verschieben. Das könnte den Preisauftrieb weiter verstärken. Immerhin sind sich die Menschen der jüngsten Umfrage der Bank of England zufolge mittlerweile mehr darüber im Klaren, wie hoch die Teuerungsrate gerade ist. Sie schätzten sie für November auf 3,7 %. Im Oktober hatte sie bei 4,2 % gelegen. Für Februar hatten die Befragten die Inflation noch um zwei Prozentpunkte höher angesetzt, als sie tatsächlich gewesen ist. Der Anteil derjenigen, die für die kommenden zwölf Monate mit steigenden Zinsen rechnen, stieg vom 43 % im August auf 60 % im November.

Volkswirte gehen überwiegend davon aus, dass die Bank of England am Donnerstag (16.12.) den Leitzins unverändert lassen wird. Es gibt zwar erste Anzeichen dafür, dass Omikron weniger schwere Krankheitsverläufe verursacht als frühere Sars-CoV-2-Varianten. Aber noch gibt es dafür zu wenig Daten. Zudem dürften die erneuten Restriktionen die britische Wirtschaft weiter bremsen. Deusche-Bank-Volkswirt Sanjay Raja rechnet für Dezember und Januar mit negativen Vorzeichen.