Konjunkturtableau

Hohe Erwartungen an den Jobmarkt

Wegen des zunehmenden Gegenwinds für die Euro-Konjunktur sind die Wachstumsprognosen im aktuellen Konjunkturtableau von ZEW und Börsen-Zeitung nach unten geschraubt – und die Inflationsvoraussagen erhöht worden. Der Arbeitsmarkt aber soll sich erholen.

Hohe Erwartungen an den Jobmarkt

ba Frankfurt

Der Gegenwind für die Euro-Wirtschaft erweist sich zunehmend als kräftiger und andauernder als erwartet: Die internationalen Lieferengpässe, Rohstoffknappheit, Einschränkungen bei der Energieversorgung und immer schneller steigende Preise dürften sich auch im nächsten Jahr noch ungünstig auf die Konjunktur auswirken. Daher sind die Wachstumsprognosen im aktuellen Konjunkturtableau der Börsen-Zeitung und des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) für das laufende und insbesondere das kommende Jahr erneut heruntergeschraubt worden, wohingegen mittlerweile mit einer erheblich höheren Inflation für die beiden Jahre gerechnet wird. Unverändert signalisiert die hohe Bandbreite der Voraussagen die hohe Unsicherheit.

Die Auguren haben für 2022 nun ein Wachstum von 2,7% auf dem Zettel, zuvor waren es noch 2,8%. Die Medianprognose für nächstes Jahr liegt nun bei 2,3%, vergangenen Monat lag sie noch bei 2,6%. „Das für die nächsten Jahre prognostizierte Wirtschaftswachstum ist zwar geringer als noch in den Vormonaten angegeben, aber ein Wachstum von mehr als 2% wäre immer noch recht gut im historischen Vergleich und kann zu einer weiteren Verringerung der Arbeitslosenquote führen“, betonte ZEW-Experte Michael Schröder.

Dementsprechend rechnen die Ökonomen mit einer weiteren Verbesserung am Arbeitsmarkt. Im Mai ist die Arbeitslosenquote im gemeinsamen Währungsraum auf das Rekordtief von 6,6% gefallen (siehe Bericht auf dieser Seite). Und auch die Zahl der offenen Stellen spricht für Aufwind: Im ersten Quartal lag die Quote laut Eurostat bei 3,2% nach 2,8% im Quartal zuvor. Die Medianprognosen im Konjunkturtableau für die Arbeitslosenquote wurden sowohl für 2022 als auch für das kommende Jahr deutlich nach unten gesetzt. Für 2022 liegt die Prognose nun bei 6,7% (zuvor 7,0%) und für 2023 bei 6,4% (zuvor 6,8%). Dies spricht für Rückhalt beim Privatkonsum, einer wichtigen Wachstumsstütze. Derzeit allerdings ist das Verbrauchervertrauen fast schon wieder so niedrig wie zur Hochzeit der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020, wie dieser Tage erst wieder das von der EU-Kommission erhobene Barometer zeigt. Ökonomen warnen daher angesichts des drohenden Käuferstreiks zunehmend vor einer Rezession.

Und auch beim Preisdruck ist eine Entwarnung noch lange nicht in Sicht. „Die nach wie vor stark anziehenden Inflationsraten im Eurogebiet lassen die Inflationsprognosen für 2022 und 2023 erheblich nach oben gehen“, sagte Schröder. Für 2022 beträgt die Medianprognose 6,8 %, zuvor lag sie noch bei 6,1%. Auch für das kommende Jahr steigen die Inflationsprognosen, von 2,4% auf aktuell 2,7%. Für 2023 gehen die Auguren weiter von einem deutlichen Rückgang aus, „damit diese Verlaufsprognose eintritt, müssten die Inflationsraten spätestens zum Jahreswechsel stark zurückgehen“, mahnte Schröder. Zumindest am heutigen Freitag wird Eurostat wohl erneut eine rekordhohe Inflationsrate vermelden: Bankvolkswirte rechnen mit 8,4% im Schnitt. Der Höhepunkt der Inflation dürfte erst im Herbst überschritten werden. Der Kampf gegen die hohe Inflation hat bei den Notenbankern derzeit höchste Priorität, und dies ungeachtet der Rezessionsgefahren. Sowohl US-Notenbankchef Jerome Powell als auch EZB-Präsidentin Christine Lagarde äußerten sich am Mittwoch bei dem EZB-Forum in Sintra entsprechend.

Nach den Ankündigungen der EZB, von der ultralockeren Geldpolitik allmählich abzurücken, gehen zum ersten Mal seit Jahren die Prognosen im Konjunkturtableau für die kurzfristigen Zinsen nach oben. Für 2022 wird ein Anstieg der Drei-Monats-Zinsen auf 0,2% vorhergesagt, für 2023 dann weiter auf 0,7%. Da die Drei-Monats-Zinsen derzeit bei −0,18 % liegen, bedeutet dies Schröder zufolge für 2022 einen Anstieg um 0,4 Prozentpunkte, für 2023 einen Anstieg um fast einen Prozentpunkt. Auch die langfristigen Zinsen sollen weiter ansteigen.

Konjunkturtableau Eurozone
4. Quartal1. QuartalPrognose 2022Prognose 2023
2020202120212022TiefMedianHochTiefMedianHoch
Volkswirtschaftliche Daten
Bruttoinlandsprodukt 1−6,65,30,30,60,42,73,41,12,33,9
 Privatkonsum 1−8,03,5−0,6−0,72,63,54,02,22,73,5
Staatskonsum 11,23,80,5−0,30,11,45,10,31,33,6
Anlageinvestitionen 1−8,34,33,50,11,83,04,61,13,04,7
Exporte 1−9,410,92,90,4−0,54,26,2−0,14,35,4
Importe 1−9,28,74,6−0,66,75,77,63,64,65,5
letzter Wert
Verbraucherpreise 20,33,18,1 (Mai)5,26,87,72,02,74,6
Arbeitslosenquote 37,87,76,6 (Mai)5,26,77,35,26,47,0
Zinsen und Zinsdifferenzen
3-Monats-Geld 3−0,43−0,55−0,18−0,50,20,6−0,30,701,5
10-jährige Anleihen 3−0,51−0,371,750,21,23,10,61,43,1
USA/Eurozone, langfristig 34140181151150168195110160180
USA/Eurozone, kurzfristig 3410871230107201248150202273
Eurozone lang/kurz 34−818193531102501565180
Redaktionsschluss: 21. Juni.; Tagesdaten vom 20. Juni.1) real gegen Vorjahr bzw. Vorquartal in %; 2) gegen Vorjahr in %; 3) Werte für 2020 und 2021 sind Jahresdurchschnitte, letzter Wert der Zinsen und Zinsdifferenzen sind Stände vom Vortag; 4) in Basispunkten Börsen–zeitung
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