Ifo-Institut: Deutsche Wirtschaft steckt fest
Ifo: Deutsche Wirtschaft steckt fest
Wirtschaftsforscher kappen Prognosen – Industrie hält mit Strukturwandel nicht mehr Schritt
Das Münchner Ifo-Institut hat nach einer Reihe anderer Forschungseinrichtungen seine Prognosen für das laufende Jahr und für 2026 ebenfalls deutlich gesenkt. Im Falle eines Scheiterns der geplanten Investitionspakete malen die Wirtschaftsforscher die wirtschaftliche Entwicklung in düsteren Farben.
lz Frankfurt
Das Ifo-Institut traut der deutschen Wirtschaft im laufenden Jahr nur noch ein Mini-Wachstum von 0,2% zu. Erst 2026 könnte sich die Lage mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,8% etwas verbessern, teilten die Münchner Ökonomen bei der Vorlage ihres Wachstumsausblicks mit. „Die deutsche Wirtschaft steckt fest“, sagte Timo Wollmershäuser, Leiter der Ifo-Konjunkturprognosen. „Trotz einer wieder anziehenden Kaufkraft bleibt die Konsumlaune verhalten, und auch die Unternehmen investieren zurückhaltend.“ Vor allem die Industrie leide unter schwacher Nachfrage und mehr internationalem Wettbewerbsdruck. Zugleich sorgten politische Unsicherheiten, in Deutschland und den USA, für große Risiken.
Große Verunsicherung
Das Ifo-Institut hatte im Dezember noch 0,4% Wachstum für 2025 erwartet und für das darauffolgende Jahr mit einem BIP-Anstieg – je nach Schwäche der Industrie und politischen Impulsen – zwischen 0,8 und 1,6% gerechnet. Andere führende deutsche Wirtschaftsforschungsinstitute sind für 2025 ähnlich verhalten, aber etwas optimistischer für 2026. Als Grund für die Zurückhaltung geben die Ifo-Forscher an, dass Strukturwandel und Unsicherheit die Industrie- und Konsumkonjunktur lähmten. Und die über Jahre zu niedrigen Investitionen der Unternehmen hätten obendrein das Produktionspotenzial stark geschmälert.

Wie Ifo-Experte Timo Wollmershäuser darlegte, klammert die neue Prognose derzeit noch die Pläne der voraussichtlich künftigen Bundesregierung aus. Sie will hunderte Milliarden in Rüstung und Infrastruktur investieren. Sollte das gut umgesetzt werden, gebe es deutliches Potenzial nach oben, erwartet Wollmershäuser ohne eine Abschätzung abzugeben und verweist auf mehr Unternehmensgründungen und Innovationen, „die das Produktivitätswachstum und damit das Potenzialwachstum erhöhen“.
Sorge über Preisdruck
Entscheidend dafür sind ihm zufolge aber nicht die puren finanziellen Komponenten, sondern vor allem die begleitenden Reformen. Denn ohne entsprechende Änderungen an den Rahmenbedingungen, besteht die Sorge, dass die Investitionssummen wegen der jahrelangen Investitionszurückhaltung eher die Preise treibt als zügig die Produktion zu verstärken.
Eine neue Bundesregierung müsse neben den Strukturreformen zudem Ausgabenkürzungen angehen. Durch den Rückzug der USA aus Europa und dem zunehmenden Protektionismus durch Zölle im Welthandel habe sich die geopolitische Lage jüngst stark verändert, mahnt Ifo-Chef Fuest. Beides bedeute, dass Deutschland letztlich ärmer sei. „Wir müssen damit umgehen, dass wir an Wohlstand einbüßen“, warnte er. „Nichts kann uns davor bewahren, den Gürtel enger zu schnallen oder mehr zu leisten.“ Nur mit Schulden lasse sich das Problem nicht aus der Welt schaffen.
Arbeiten attraktiver machen
Die Botschaft der Politik dürfe nicht sein, dass die Bürger auf nichts anderes verzichten müssten. Es sei klar, dass man Infrastruktur dauerhaft nicht über Schulden finanzieren könne. Fuest: „Wenn wir in diesem Bereich mehr tun wollen, müssen wir woanders kürzen.“ Dies müsse die neue Regierung klar benennen. Der Ökonom plädierte dafür, es attraktiver zu machen, mehr zu arbeiten und den Trend zu mehr Teilzeitarbeit aufzuhalten. „Wir brauchen mehr Produktionskapazitäten.“ Dies gelte auch für die Aufrüstung. Hier müssten Programme auf mehrere Jahre ausgerichtet sein, damit die Firmen bereit seien, Kapazitäten auszubauen.
Mehr zur politischen Einschätzung von Ifo-Chef Clemens Fuest.