Geldpolitik

Immer mehr Signale für EZB-Zins­erhöhung im Juli

Während weltweit die Zentralbanken im Kampf gegen die hohe Inflation ihre Leitzinsen teils deutlich anheben, agiert die EZB noch sehr zögerlich. Allerdings könnte es jetzt auch hier bald zur Zinswende kommen.

Immer mehr Signale für EZB-Zins­erhöhung im Juli

ms Frankfurt

Die Debatte über die Zinswende im Euroraum hat zum Wochenausklang noch einmal gehörig an Fahrt aufgenommen. Gleich eine ganze Reihe EZB-Ratsmitglieder äußerte sich am Freitag über den Zeitpunkt einer ersten Zinserhöhung durch die Europäische Zentralbank (EZB) und den weiteren Kurs. Dabei mehrten sich die Signale für einen ersten Zinsschritt bereits im Juli. Für einiges Aufsehen sorgten Aussagen über eine mögliche Zinserhöhung schon im Juni. Das scheint aber unwahrscheinlich

Die EZB steht zunehmend unter Druck und in der Kritik, weil sie trotz Rekordinflation viel zögerlicher aus der ultralockeren Geldpolitik aussteigt als viele andere Zentralbanken, allen voran die US-Notenbank Fed. Derzeit kauft die EZB sogar immer noch für viele Billionen Euro pro Mo­nat Anleihen auf, und die Leitzinsen liegen bei oder sogar unter null. Da­gegen hatte die Fed diese Woche ih­ren Leitzins erneut und gleich um 50 Ba­sispunkte angehoben, so stark wie seit zwei Jahrzehnten nicht, und den Abbau ihrer Bilanz avisiert.

Am deutlichsten mit Blick auf eine Zinserhöhung im Juli wurde am Freitag EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel. „Nach heutigem Stand gehe ich davon aus, dass wir im Juli die Zinsen erstmalig erhöhen können“, sagte Schnabel der Zeitung „Bild“. Mitte der Woche hatte sie ge­sagt, dass ein solcher Schritt möglich sei. Zuletzt hatte der EZB-Rat signalisiert, dass die Anleihekäufe im Juni enden könnten – was die EZB zu einer Voraussetzung für steigende Zinsen gemacht hat.

Bereits am Donnerstagabend hatte sich auch der finnische Zentralbankchef Olli Rehn für eine erste Zinserhöhung im Juli und womöglich einen zweiten Schritt gleich im September ausgesprochen. „Es wäre gerechtfertigt, den Einlagensatz um 0,25 Prozentpunkte anzuheben, und er würde im Herbst bei null liegen“, sagte Rehn der Zeitung „Helsingin Sanomat“. Rehn gilt im EZB-Rat als „Taube“, also als Verfechter einer eher lockereren Geldpolitik, und zugleich als jemand, der oft Signale für einen möglichen Konsens im Rat gibt. Das macht seine Wortmeldung jetzt doppelt bemerkenswert.

Bundesbankpräsident Joachim Nagel sprach sich am Freitag ebenfalls dafür aus, nicht mehr zu lange mit den nächsten Schritten hin zu einer Normalisierung der Geldpolitik zu warten. „Die Zeit der negativen Zinsen sollte bald vorbei sein“, sagte Nagel bei einer Veranstaltung der FAZ. Er mahnte: „Das Zeitfenster, das sich jetzt öffnet für die geldpolitischen Maßnahmen, geht so langsam zu, und wir müssen schauen, dass wir jetzt in diesem Jahr da etwas tun.“ Bereits zuvor hatte Nagel für eine Zinserhöhung im Juli plädiert.

Für einige Aufregung sorgten am Donnerstagabend und Freitag Wortmeldungen, die so interpretiert wurden, dass bereits bei der nächsten Sitzung im Juni die Zinsen steigen könnten. So sagte etwa Österreichs Notenbankchef Robert Holzmann am Donnerstagabend mit Blick auf eine erste Zinserhöhung: „Wir werden das in unserer Juni-Sitzung besprechen und es wahrscheinlich tun.“ Dem Vernehmen nach meinte er damit aber eher, dass das im Juni diskutiert wird, der Schritt aber dann im Juli vollzogen werden könne.

Ähnliches gilt für Aussagen von Frankreichs Zentralbankchef François Villeroy de Galhau am Freitag. Er sagte in einer Rede, dass Zinserhöhungen bei den nächsten Zinssitzung „nicht ausgeschlossen“ werden dürften; das schließt Juni ein. Allerdings machte seine Rede insgesamt klar, dass er eher an Juli oder auch September denkt. Interessanterweise begründete Villeroy de Galhau seine Position auch mit der Schwäche des Euro. Dadurch erhöhen sich die Im­portpreise, was die Inflation treibt.

Zunehmend richtet sich der Blick aber auch auf den Pfad jenseits der ersten Zinserhöhung. So be­tonten nicht zuletzt Villeroy de Galhau und Rehn, dass die weitere Normalisierung der Geldpolitik „graduell“ erfolgen müsse. Villeroy de Galhau sagte zudem, dass es bislang nicht um eine „Straffung“ der Geldpolitik gehen müsse. Der neutrale Zins liege aktuell zwischen 1% und 2%. Ähnlich hatte sich tags zuvor auch EZB-Chefvolkswirt Philip Lane geäußert.