Ukraine-Krieg

Institute senken Wachstumsvoraussagen deutlich

Vor allem die extrem gestiegenen Energiepreise dienen Wirtschaftsforschungsinstituten mit Blick auf den Ukraine-Krieg als Begründung ihrer teils kräftigen Prognoserevisionen für das Wachstum der deutschen Wirtschaft.

Institute senken Wachstumsvoraussagen deutlich

ba Frankfurt

Der Krieg in der Ukraine bremst das deutsche Wirtschaftswachstum, und Ökonomen senken derzeit reihenweise ihre Prognosen. Höhere Unsicherheit, neuer Stress in den Lieferketten und nochmals verteuerte Rohstoffpreise, insbesondere für Öl und Gas, die die Inflation weiter nach oben treiben, lautet stets die Begründungskette. Zugleich bringe aber die Aufhebung vieler Pandemie-Restriktionen der Wirtschaft einen kräftigen Schub.

Gestern nun halbierte das IfW Kiel seine Vorhersage für das laufende Jahr nahezu auf nun 2,1%. Im Dezember waren es noch 4,0%. 2023 aber dürfte ein Teil der wegen der Kriegsfolgen entfallenden Produktion nachgeholt werden und die Wirtschaft dann 3,5 statt der bislang prognostizierten 3,3% zulegen. Insgesamt dürfte die Wirtschaftsleistung in beiden Jahren um rund 90 Mrd. Euro geringer ausfallen. Abgefedert würde der Ukraine-Schock durch zwei Sonderfaktoren: durch zusätzliche Ersparnisse der Konsumenten in Höhe von 220 Mrd. Euro sowie die rekordhohen Auftragsbestände der Industrie von 100 Mrd. Euro, das sind laut IfW rund 17% ihrer Jahresproduktion.

Die Ratingagentur Moody’s senkte die Prognose um 2,0 Punkte auf 1,8% in diesem Jahr. 2023 sollen es dann 2,6 (zuvor: 2,7)% sein. Etwas optimistischer zeigte sich das Essener RWI, das seine Prognosen für 2022 von 3,9 auf 2,5% herunterschraubte. 2023 soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dann um 3,6% steigen. Am zuversichtlichsten bleibt aber das IWH, das nun ein BIP-Plus von 3,1% in diesem Jahr erwartet. Zuvor lag die Prognose bei 3,5%. Die Voraussage für kommendes Jahr wurde um 0,3 Punkte auf 1,5% reduziert. Die Ökonomen des RWI und des IWH begründen ihre Prognosesenkungen insbesondere mit den kräftig gestiegenen Öl- und Gaspreisen. „Da es derzeit vor allem beim Gas nur in begrenztem Umfang Alternativen zu den Lieferungen aus Russland gibt, ist zu erwarten, dass die Preise noch längere Zeit hoch bleiben“, heißt es beim RWI.

Einig sind sich die Institute, dass der Inflationsdruck, der bereits vor dem Ukraine-Krieg breit angelegt war, sich das ganze Jahr über zeigen wird. Im Schnitt erwartet das IfW Kiel eine Teuerungsrate von 5,8% – so hoch wie noch nie im wiedervereinigten Deutschland. 2023 dürften es dann 3,4% werden. Das RWI setzt Inflationsraten von 5,2% für 2022 und von 2,3% für 2023 an. Das IWH zeiget sich etwas zurückhaltender mit Raten von 4,8 und 3,2%. Dem Arbeitsmarkt wird unisono seine Robustheit bescheinigt. Allerdings komme der Aufbau der Erwerbstätigkeit gegen Ende des Jahres wegen der starken Mindestlohnerhöhung nahezu zum Stehen, mahnt das IWH.

Fehlende Mitarbeiter gehören aktuell wieder zu den geringeren Sorgen der Unternehmen – höhere Energiepreise, fehlende Gaslieferungen und Vorleistungsmängel werden einer Umfrage des IW zufolge ein großes oder sehr großes Problem für ihre eigene Produktion genannt. Wegfallende Absatzmärkte in Russland und der Ukraine hingegen werden als weniger bedrohlich eingeschätzt. Als „sehr überschaubar“ werden die eingeschränkten Produktionsmöglichkeiten in der Ukraine und in Russland bewertet. Einer DIHK-Blitzbefragung zufolge hat der Lieferkettenstress durch die Kriegsfolgen bereits zugenommen: Rund 60% der Unternehmen meldeten zusätzliche Störungen in der Lieferkette und Logistik. Der Rückhalt für die harten gegen Russland verhängten Sanktionsmaßnahmen sei aber groß – selbst unter den Unternehmen, die erhebliche finanzielle Einbrüche verzeichnen.

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