IWF warnt vor explodierenden Staatsschulden
det Washington
Nach Darstellung des Internationalen Währungsfonds (IWF) wird die globale Staatsverschuldung dieses Jahr einen neuen Rekordstand erreichen. Ohne resolute und zugleich ausgewogene Maßnahmen zum Defizitabbau lauern laut IWF in vielen Ländern Risiken für das Wachstum und die gesamtwirtschaftliche Stabilität.
Wie der IWF in seinem neuen Fiscal Monitor schreibt, werden die Zahlungsverpflichtungen dieses Jahr die Marke von 100 Bill. Dollar überschreiten. Damit wird die globale Schuldenquote 93% erreichen. Der halbjährliche Bericht zur globalen Verschuldung weist auch darauf hin, dass bis 2030 die Staatsschulden dieselbe Höhe wie die weltweite Wirtschaftsleistung erreicht haben und danach überstiegen werden. Wie rasch die öffentlichen Finanzen aus dem Ruder gelaufen sind, illustriert der IWF mit folgendem Vergleich: In sechs Jahren ist zu erwarten, dass die Verschuldungsquote um 10 Prozentpunkte über dem Stand vor dem Ausbruch der Coronapandemie liegen wird.
Unterdessen zeichnet der Bericht im schlimmsten Fall ein noch dunkleres Bild. Demnach könnte die Quote schon in drei Jahren 115% erreichen. Das liegt zum einen daran, dass in vielen Staaten der politische Druck groß bleibt, staatliche Ausgabenprogramme zu verabschieden und fortzusetzen. Unter anderem, um den sozialen und gesundheitspolitischen Anforderungen einer zunehmend alternden Bevölkerung gerecht zu werden. Dazu gesellen sich die immensen Kosten des Übergangs zu erneuerbaren Energien.
Düstere Prognosen
Ein weiterer Grund dafür, dass die Haushaltslage noch schneller außer Kontrolle geraten könnte, liegt in der mangelnden Präzision der Regierungsprognosen. So hätten Vergleiche aus der Vergangenheit bewiesen, dass über einen Zeitraum von 5 Jahren die tatsächliche Schuldenquote die Voraussagen um etwa 10 Prozentpunkte überstiegen hat. Auch könnten „unidentifizierte Schulden“ dazu führen, dass die Defizite rascher als erwartet steigen, heißt es im Fiscal Monitor.
Nicht-identifizierte Schulden
Gemeint sind damit Zahlungsverpflichtungen, die nicht in der amtlichen Statistik ausgewiesen werden und vor allem Entwicklungsländer treffen. Dazu zählen kurzfristige Staatsanleihen mit einer Laufzeit von nur einem Jahr. Auch tragen komplexe Finanzderivate, die in der Haushaltsstatistik keine Berücksichtigung finden, und Verluste, die staatliche Unternehmen erleiden, zu den nicht-identifizierten Schulden bei. Nach Schätzungen des IWF könnten sich diese weltweit auf über 1 Bill. Dollar belaufen.
Um die Schulden in den Begriff zu bekommen, fordert der Fiscal Monitor sorgfältige Konsolidierungsmaßnahmen. So müssten Länder im Schnitt ihre Schulden in einem Umfang von 3,8% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) reduzieren, um die Finanzlage zu stabilisieren. Obwohl die nachlassende Inflation und die Aussicht auf weitere Zinssenkungen günstige Voraussetzungen für fiskalische Konsolidierung schaffen, sind länderspezifische Differenzierungen notwendig.
USA und China in der Kritik
So müssen viele Staaten dafür Sorge tragen, dass Sparmaßnahmen nicht zu Lasten des Wachstums und der wirtschaftlichen Stabilität gehen. Länder mit außerordentlich hohen Schulden – insbesondere die USA und China – sollten konsequent sparen. Dazu zählen insbesondere Reformen gesetzlicher Ausgabenprogramme. In den USA fordert der IWF schon seit längerer Zeit eine Reform der staatlichen Rentenversicherung und der gesetzlichen Krankenversorgungsprogramme.