Wirtschaftsstandort

Kaum Fortschritte bei Digitalisierung

Deutsche Unternehmen zeigen sich laut einer DIHK-Umfrage nur wenig zufrieden mit ihrem Stand bei der Digitalisierung. Die Gründe dafür sind vielfältig. Dennoch gibt es auch vereinzelte Lichtblicke.

Kaum Fortschritte bei Digitalisierung

Deutschland kommt bei der Digitalisierung der Wirtschaft nur sehr langsam voran. Jedes vierte Unternehmen gab bei einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) an, nach wie vor keinen ausreichend leistungsfähigen Internetanschluss zu haben. 2020 war es noch rund jeder dritte Betrieb, sodass die DIHK den Ausbau des schnellen Internets sogar als einen der wenigen „Lichtblicke“ bei der Digitalisierung bezeichnet. Alles in allem treten die befragten Unternehmen nach eigener Einschätzung auf der Stelle und geben sich selbst wie im Vorjahr im Durchschnitt die Schulnote befriedigend (2,9). „Größere Sprünge nach vorne sind nicht beobachtbar“, heißt es von der DIHK.

Dies deckt sich auch mit einer Einschätzung des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK). Der vom Ministerium berechnete Digitalisierungsindex für die deutsche Wirtschaft stieg für 2022 nur in homöopathischer Dosis von 107,9 auf 108,9 Punkte. Das Jahr 2020, in dem das Coronavirus sich weltweit ausbreitete, gilt hierbei mit einem Wert von 100 als Ausgangspunkt. „Das Digitalisierungsmomentum der Corona-Pandemie hat noch nicht zu einem umfassenden und nachhaltigen Digitalisierungsschub in der deutschen Wirtschaft geführt“, resümiert das BMWK.

Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung hatte im Januar den Stand der Digitalisierung in Deutschland im internationalen Vergleich betrachtet. Bei der Nutzung von Informationstechnologie landete die Bundesrepublik mit Platz 48 von 132 nur im Mittelfeld. Eine Platzierung, die KfW-Ökonom Volker Zimmermann mit Sorge betrachtet. „Eine Orientierung an einem internationalen Durchschnitt kann für Deutschland nicht der adäquate Maßstab sein.“ Vor allem um den ausgeprägt hohen Wohlstand in Deutschland zu sichern, aber auch zur Bewältigung der grünen Transformation sei ein exzellentes Innovations- und Digitalisierungssystem zwingend erforderlich.

Die Bedeutung der Digitalisierung für die Wettbewerbsfähigkeit haben auch die Unternehmen längst erkannt. Laut der DIHK-Umfrage wollen die Firmen die Digitalisierung vor allem dazu nutzen, um flexibler agieren zu können. Drei Viertel der Befragten nannten dies als Motiv – 2021 war es nur die Hälfte. Treiber dieser Entwicklung ist die Verlagerung von Arbeitsabläufen ins Digitale – etwa Inspektionen mit der Hilfe von Virtual-Reality-Brillen oder schlicht die Möglichkeit, den Mitarbeitern Homeoffice anzubieten.

Fast die Hälfte der befragten Unternehmen will durch die Digitalisierung zudem Kosten senken oder Kunden an sich binden. Die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle nannte dagegen nicht einmal jeder Dritte – Tendenz sogar fallend.

Gründe für die nur schleppend voranschreitende Digitalisierung in Deutschland gibt es viele. Die Auswirkungen der Pandemie und vor allem der Energiekrise durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine haben den finanziellen Spielraum für Investitionen bei vielen Unternehmen verkleinert. Eine weitere knappe Ressource ist Zeit. Zeitmangel landete bei der DIHK-Umfrage sogar auf dem ersten Platz bei den Herausforderungen für die Digitalisierung (siehe Grafik). „Wenn Krisenbekämpfung im Mittelpunkt steht, bleiben andere Themen – so auch Digitalisierungsmaßnahmen – etwas zurück“, heißt es von der DIHK.

Positives gibt es aus Ostdeutschland zu berichten. Hier stieg der Digitalisierungsindex des BMWK für 2022 deutlich an. Die Region verzeichnete den stärksten Fortschritt und überholte im Ranking Norddeutschland, das nun laut dem Ministerium die am schwächsten digitalisierte Bundeslandgruppe ist. Verbesserungen habe Ostdeutschland vor allem beim digitalen Reifegrad von Prozessen und beim Aufbau der technischen Infrastruktur erzielt. Obwohl Deutschland insgesamt bei der Digitalisierung nur mittelmäßig ist und zuletzt kaum Fortschritt verzeichnete, kann das Bundeswirtschaftsministerium der Entwicklung sogar Positives abgewinnen – immerhin sei es „beachtlich“, dass die Wirtschaft angesichts der Krisen „nicht sogar Rückschritte bei der Digitalisierung gemacht hat“.

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