Geldpolitik

Keine Einigkeit über EZB-Kurs ab Juni

Am Donnerstag äußerten sich mehrere EZB-Ratsmitglieder zur möglichen künftigen Geldpolitik der Notenbank. Dabei herrschte keine Einigkeit, wie es nach der ersten Zinssenkung weitergehen soll.

Keine Einigkeit über EZB-Kurs ab Juni

Keine Einigkeit über
EZB-Kurs ab Juni

Debatte über geldpolitische Lockerung gewinnt an Fahrt

mpi Frankfurt

Die Europäische Zentralbank (EZB) steuert mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine erste Zinssenkung im Juni zu. Darauf deuten auch jüngste Äußerungen von Philip Lane, Chefökonom der Notenbank, hin. Bis Juni habe die EZB einen guten Einblick in die Lohndynamik und deren Auswirkungen auf den Preisdruck, sagte Lane am Donnerstag in einem CNBC-Interview.

Sollten die Daten keine negativen Überraschungen enthalten, dürfte die EZB Anfang Juni mit der Zinswende beginnen. Etliche EZB-Ratsmitglieder haben immer wieder betont, dass sie mehr Sicherheit bräuchten, dass die Inflation bis spätestens 2025 auf den Zielwert von 2,0% falle, ehe Zinssenkungen ein Thema seien. Die Lohndaten, die am 23. Mai erscheinen, dürften der EZB diese Sicherheit geben.

Drei bis vier Zinssenkungen

Andere Notenbanker sehen hingegen bereits im April Anlass für eine Zinssenkung. Sie verweisen dabei auf die Fortschritte bei der Entwicklung der Inflation, die Prognosen zum Lohnwachstum und die schwache Euro-Konjunktur. Die Vertreter dieser Position scheinen im EZB-Rat jedoch in der Minderheit zu sein. Ein Verfechter einer eher lockeren Geldpolitik („Taube“) ist der griechische Notenbankchef Yannis Stournaras. Dieser sprach sich am Donnerstag im Gespräch mit Bloomberg für zwei Zinssenkungen vor der Sommerpause aus. „Wir müssen bald damit beginnen, die Zinsen zu senken, damit unsere Geldpolitik nicht zu restriktiv wird“, sagte er. Bis zur Sommerpause, die nach der EZB-Sitzung am 18. Juli beginnt, seien daher zwei Lockerungen angemessen. Für das gesamte Jahr 2024 kann er sich vier Zinsschritte nach unten vorstellen.

Der niederländische Notenbankpräsident Klaas Knot sieht dagegen keine Notwendigkeit, nach der ersten Zinssenkung direkt eine zweite folgen zu lassen. Vor Journalisten sagte er am Donnerstag, dass er mit dem Beginn der Zinswende im Juni rechne. Für weitere Zinssenkungen 2024 liegen bei ihm derzeit September und Dezember im Fokus.

Lane und Lagarde halten sich bedeckt

EZB-Chefökonom Philip Lane wollte sich im CNBC-Interview nicht zur möglichen Geldpolitik der Notenbank ab Juli äußern. Diesen Standpunkt vertritt auch EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Bei der Pressekonferenz nach dem Zinsentscheid vor einer Woche verwies sie bei einer entsprechenden Frage eines Journalisten auf die Datenabhängigkeit der Zentralbank. Es sei offen, wie die Geldpolitik im weiteren Jahresverlauf aussehe, da es keine Automatismen gebe.

Nach der Überarbeitung des geldpolitischen Rahmens, den die EZB am Mittwoch verkündete, äußerte sich EZB-Direktorin Isabel Schnabel in einer Rede am Donnerstag zu diesem Thema. Die Überschussliquidität im Bankensektor sei seit dem Höhepunkt von 4,7 Bill. Euro im Jahr 2022 inzwischen auf 3,5 Bill. Euro gesunken. Bis Ende 2025 erwartet sie einen weiteren Rückgang auf 2,1 Bill. Euro.

Die EZB hatte angesichts der sinkenden Überschussliquidität und der bevorstehenden Zinswende ihren geldpolitischen Handlungsrahmen überarbeitet, um sicherzustellen, dass die Liquiditätsversorgung der Banken auch künftig gewährleistet ist bei einer gleichzeitig wirksamen Geldpolitik. Auch wenn die Überschussliquidität sinken dürfte, setzt die EZB weiterhin auf ein System, bei dem der Einlagensatz der zentrale zinspolitische Satz ist.

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