Kommunen warnen vor Überforderung
wf Berlin
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert eine Neuausrichtung der Politik und warnt vor einer Überfrachtung der Kommunen mit zu vielen Aufgaben. Explodierende Energiekosten durch den Krieg in der Ukraine, Sicherheit der Energieversorgung, Inflation, gestörte Lieferketten, aber auch Klimaschutz zeigten längst die Grenze der Leistungsfähigkeit des Staates auf, sagt Uwe Brandl, Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, in Berlin. „Erforderlich ist ein grundlegendes, an den finanziellen Möglichkeiten orientiertes Umdenken“, verlangte Brandl. Eine schwerpunktbezogene, dem Subsidiaritätsprinzip verpflichtete Realpolitik sei nötig. Die Politik dürfe nicht die Illusion schüren, dass der Staat alles ausgleichen könne. In der Krise sei mehr Eigenverantwortung nötig.
Deutschland stehe mit einer Rezession vor sinkenden Steuereinnahmen auch für Städte- und Gemeinden. Die Erwartungen an die kommunale Daseinsvorsorge – Ver- und Entsorgung, bezahlbarer Wohnraum, Schulen und Kindergärten, Kultur und Freizeit sowie ein gut funktionierender ÖPNV – seien hoch. Dies werde nicht so einfach funktioniere, warnte Brandl. Bei der Unterbringung von Flüchtlingen stößen viele Kommunen an ihre Grenzen. Von den 1,1 Millionen registrierten Geflüchteten aus der Ukraine wollten 40% in Deutschland länger oder dauerhaft bleiben. Nötig sei ein schneller Zugang zum Arbeitsmarkt und die Anerkennung von Berufsabschlüssen, macht Verbandshauptgeschäftsführer Gerd Landsberg deutlich. Bund und Länder müssten ihre Erstaufnahmemöglichkeiten für Geflüchtete ausweiten. Für 2022 und 2023 hatte der Bund den Ländern zusätzlich 1,5 Mrd. Euro an Flüchtlingshilfe zugesagt. Von 2023 an zahlt der Bund den Ländern eine allgemeine flüchtlingsbezogene Pauschale von 1,25 Mrd. Euro. Die Kommunen dringen darauf, dass die Mittel an sie weitergereicht werden.
Hohes Defizit erwartet
Im Zug der erhöhten Energiepreise rechnet der Städte- und Gemeindebund mit einer Verdoppelung der jährlichen Energiekosten der Kommunen auf 10 Mrd. Euro. Die Tarifforderung würden die kommunalen Haushalte zudem mit zusätzlich 15 Mrd. Euro belasten. Die Zinswende setzt zudem die hoch verschuldeten Kommunen unter Druck. „Die Städte und Gemeinden steuern auf eine veritable Finanzkrise zu“, konstatierte der Verband. Für 2023 hatten die kommunalen Spitzenverbände im vergangenen Sommer ein Finanzierungsdefizit von 5,3 Mrd. Euro prognostiziert. Es stehe nun zu befürchten, dass dieses strukturelle Defizit wegen der jüngeren Entwicklung noch anwachse.