Unternehmensfinanzierung

Kreditvergabe im Euroraum gerät ins Stocken

Die Zinssenkungen der EZB schlagen noch wenig auf die Kreditvergabe durch. Derweil zieht die Geldmenge M1 stark an – ein positives Signal für die Konjunktur.

Kreditvergabe im Euroraum gerät ins Stocken

Kreditvergabe im Euroraum gerät ins Stocken

Unternehmen halten sich mit Darlehen zurück – Die als Konjunkturindikator geltende Geldmenge M1 steigt rasant

mpi Frankfurt

Trotz sinkender Leitzinsen in der Eurozone kommt die Kreditvergabe nicht in Schwung. Banken reichten im November nur 1,0% mehr Darlehen an Firmen aus dem Nicht-Finanzsektor aus als im Vorjahresmonat. Das teilte die EZB am Donnerstag mit. Im Oktober hatte die Wachstumsrate noch bei 1,2% gelegen. Bei den Verbrauchern sieht das Bild etwas anders aus. Nach einem Anstieg der Kreditvergabe um 0,8% im Oktober gewinnt diese im November leicht an Dynamik und legt auf 0,9% zu.

Die EZB beobachtet eine Lockerung der Finanzierungskonditionen, wie sie im Dezember anlässlich ihrer bislang letzten Zinssenkung erklärte. „Allerdings sind die Finanzierungsbedingungen nach wie vor restriktiv, weil unsere Geldpolitik restriktiv bleibt und sich die Zinserhöhungen der Vergangenheit nach wie vor auf den Kreditbestand auswirken“, hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde gesagt.

Geldmenge M1 steigt rasant

Die Notenbank will sich in diesem Jahr von einer restriktiven Geldpolitik verabschieden. Ein Grund dafür ist die relativ schwache Euro-Konjunktur, von der derzeit kein großer Inflationsdruck ausgeht. Während Konjunkturindikatoren wie Einkaufsmanagerindizes (PMI) nicht darauf hindeuten, dass die Euro-Wirtschaft bald an Fahrt gewinnt, zeichnet die Geldmenge M1 ein anderes Bild.

Sie legte im November um 1,5% zu, nach 0,2% im Oktober. Dies geht ebenfalls aus am Donnerstag von der EZB veröffentlichten Daten hervor. Zur Geldmenge M1 zählen Bargeld und Sichteinlagen. Damit zeigt sie an, wie sich die verfügbare Liquidität in der Eurozone entwickelt, weswegen sie Ökonomen als Indikator für die Konjunktur gilt. Der deutliche Anstieg ist somit ein positives Signal für die Wirtschaft. Anders als die Entwicklung des Einkaufsmanagerindex für die Industrie.

Dieser fiel im Dezember noch schlechter aus als ohnehin erwartet. Wie S&P Global nach einer zweiten Umfragerunde mitteilte, fiel der entsprechende PMI für die Eurozone auf 45,1 Punkte. Nach der Erstbefragung war noch eine Stagnation bei 45,2 prognostiziert worden. Werte unterhalb der Schwelle von 50 Zählern signalisieren eine abnehmende wirtschaftliche Aktivität.

Kontroverser Frühindikator

Die breiter gefasste Geldmenge M3 legte stärker zu als noch im Oktober. Die Wachstumsrate stieg von 3,4 auf 3,8%. Zu M3 zählen neben Bargeld und Sichteinlagen auch Geldmarktpapiere und Schuldverschreibungen. Diese Geldmenge gilt einigen Ökonomen als guter Frühindikator für die Entwicklung der Inflation, während andere diesen Zusammenhang in Zweifel ziehen.

Verfechter der sogenannten Quantitätstheorie des Geldes führen an, dass die Inflation mittelfristig umso höher ausfällt, je stärker das Wachstum der Geldmenge das Wachstum des Güterangebots übersteigt. Und je höher die Inflation ist, desto größer sei dieser Zusammenhang. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Studie der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ).

Neue Inflationsdaten in der kommenden Woche

Kritiker der Quantitätstheorie führen dagegen an, dass die höhere Korrelation bei steigenden Preisen eine Scheinkausalität sei. Unternehmen würden sich bei der Preissetzung nicht an der Geldmenge orientieren, sondern an ihren Produktionskosten, Margen und der Nachfrage nach den Produkten und Dienstleistungen.

Neue Inflationsdaten für die Eurozone veröffentlicht Eurostat am Dienstag. Ökonomen erwarten einen Anstieg der Teuerung im Dezember auf rund 2,5%, nach 2,2% im November.


Mehr zum Thema:

„Die Preise werden immer dynamischer“: BWL-Professor und Unternehmensberater Oliver Roll im Gespräch mit der Börsen-Zeitung über Trends bei der Preissetzung

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.