Konjunktur

Kreditvergabe in Euroland schwächt sich ab

Der beispiellose Zinserhöhungskurs der EZB und die globalen Bankenturbulenzen haben Sorgen vor einer Kreditklemme geschürt. Zumindest vor dem Finanzstress war die Kreditvergabe robust. Die Ängste aber bleiben.

Kreditvergabe in Euroland schwächt sich ab

ms Frankfurt

Die Kreditvergabe an Unternehmen im Euroraum hat sich im Februar erneut etwas abgeschwächt. Einen Einbruch gibt es aber bislang nicht, und auf Jahressicht verharrt die Kreditvergabe auf solidem Niveau. Das geht aus neuen Daten hervor, die die Europäische Zentralbank (EZB) am Montag veröffentlichte. Zugleich nahm das Wachstum der Geldmengen im Februar erneut deutlich ab, und das sogar stärker als von Volkswirten erwartet.

Die neuen Daten belegen, dass die beispiellosen Zinserhöhungen der EZB seit Juli um 350 Basispunkte zunehmend auf die Kreditvergabe und damit letztlich auf die Realwirtschaft durchschlagen. Das ist seitens der EZB gewünscht, weil sie die wirtschaftliche Aktivität dämpfen will, um auf diesem Weg die viel zu hohe Inflation zu drücken. Zum anderen will sie aber auch keine Kreditklemme riskieren, die die angeschlagene Wirtschaft hart treffen würde.

Diese Sorge hat zuletzt im Zuge der weltweiten Bankenturbulenzen und der verbreiteten Sorge vor einer neuen Finanzkrise noch einmal zugenommen. Die neuen Daten spiegeln aber den Zeitraum, in denen vor allem die Probleme bei den US-Regionalbanken und bei der schweizerischen Credit Suisse die globalen Sorgen geschürt hatten, noch nicht wider. Zu Wochenbeginn legte sich die Unruhe an den Märkten etwas, aber die Lage gilt als fragil.

Im Februar nun vergaben die Banken im Euroraum laut EZB 5,7% mehr Darlehen an Firmen als vor Jahresfrist (siehe Grafik). Im Januar hatte das Wachstum noch bei 6,1 % gelegen, im Dezember bei 6,3%. Bei der Kreditvergabe stehen für die EZB mit Blick auf die Investitionstätigkeit vor allem die Firmenkredite im Mittelpunkt. An die Privathaushalte vergaben die Institute im Februar 3,2% mehr Kredite. Im Januar hatte das Plus bei 3,6% gelegen.

„Wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend fortsetzen wird, da die Umfrage der EZB zur Kreditvergabe der Banken darauf hindeutet, dass sich die Nachfrage nach Krediten weiter abschwächen wird und sich die Kreditbedingungen verschärfen könnten. Letzteres könnte auch durch die jüngsten weltweiten Bankenturbulenzen beeinflusst werden“, sagte Bert Colijn, Senior Economist für die Eurozone bei der ING.

Folgen der Zinswende

„Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass der Zinserhöhungszyklus im Laufe dieses Jahres einen erheblichen dämpfenden Effekt auf die Wirtschaft haben wird. Die volle Auswirkung der jüngsten Zinserhöhungen auf die Wirtschaft muss sich erst noch zeigen, und die jüngsten Turbulenzen werden die Wirtschaftstätigkeit wahrscheinlich beeinträchtigen“, so Colijn. „Für eine bereits zu Beginn des Jahres recht schwache Wirtschaft bedeutet dies, dass die Risiken eines Rückgangs weiterhin erheblich sind.“

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund ringen die Euro-Notenbanker zunehmend intensiv um den weiteren Zinskurs. Mitte März hatte die EZB trotz der Sorgen vor einer Finanzkrise ihre Leitzinsen wie zuvor avisiert erneut um 50 Basispunkte angehoben. Zugleich strich sie aber die Forward Guidance, mit der sie nach den vorherigen Zinserhöhungen stets weitere Schritte in Aussicht gestellt hatte. Vor allem die Hardliner („Falken“) im EZB-Rat plädieren für weitere Zinserhöhungen, wenn sich die Bankenunruhe legt. Diese Position vertrat auch Bundesbankpräsident Joachim Nagel am Montag erneut. Dagegen mahnen die „Tauben“ zu Vorsicht. EZB-Vizepräsident Luis de Guindos sagte am Montag, die EZB-Politik müsse auf die Bankenturbulezen Rücksicht nehmen.

Derweil wuchs die Geldmenge M3 im Februar nur noch um 2,9%. Von Reuters befragte Experten hatten einen Zuwachs von 3,2% erwartet. Im Januar hatte das Plus noch bei 3,5% gelegen. M3 umfasst unter anderem Bargeld, Einlagen auf Girokonten sowie Geldmarktpapiere und Schuldverschreibungen. Ökonomen zufolge können ein Zuwachs oder ein Sinken der Geldmenge Hinweise darauf geben, ob die Inflation in Zukunft steigen beziehungsweise fallen wird. Der Zusammenhang gilt aber inzwischen als sehr komplex.