Niedrige Produktivität in Europa

Kritik an Europas Subventionspolitik

In einer auf der EZB-Konferenz in Sintra vorgestellten Studie kommt der Autor zu dem Schluss, dass in Europa zu wenig Forschung in Patenten und Anwendungen europäischer Unternehmen endet. Für die Produktivität der Eurozone sei das ein Problem – doch es gibt auch Hoffnung.

Kritik an Europas Subventionspolitik

Kritik an Europas Subventionspolitik

Studie: Zu wenig Forschung endet in Patenten – Grüne Transformation als Chance für mehr Produktivitätswachstum

In einer auf der EZB-Konferenz in Sintra vorgestellten Studie kommt der Autor der Wirtschaftshochschule HEC Paris zu dem Schluss, dass in Europa zu wenig Forschung in Patenten und Anwendungen europäischer Unternehmen endet. Für die Produktivität der Eurozone sei das ein Problem – doch es gibt auch Hoffnung.

mpi zzt. Sintra

In den vergangenen Jahren hat die USA Europa beim Wirtschaftswachstum deutlich abgehängt. Während das BIP der USA vom vierten Quartal 2019 bis zum ersten Quartal 2024 um 8,6% gewachsen ist, verzeichnet die Eurozone für denselben Zeitraum nur einen Zuwachs von 3,5%. Schuld an der schlechteren Entwicklung im Euroraum ist unter anderem die niedrigere Produktivität der Unternehmen.

Die Gründe für den Rückstand bei der Produktivität sind Thema einer Studie der Wirtschaftshochschule HEC Paris, die der Autor Antonin Bergeaud am Mittwoch auf der EZB-Konferenz in Sintra vorgestellt hat. Er kommt zu dem Schluss, dass die niedrigere Produktivität zum einen an den Folgen der Pandemie und des Krieges in der Ukraine liegt. Die ökonomischen Auswirkungen des russischen Angriffskrieges treffen europäische Firmen stärker als amerikanische. Zudem führte die Politik während der Pandemie dazu, dass viele unproduktive Unternehmen in der Eurozone keine Insolvenz anmelden mussten – Stichwort „Zombifizierung“.

Gute Forschung, wenig Patente

Doch Bergeaud macht auch einige strukturelle Probleme aus, die zu einer niedrigen Produktivität in Europa führen. Dabei nimmt er vor allem die aus seiner Sicht fehlgeleitete Förderung von Forschung und Entwicklung in den Fokus. „Die Innovationspolitik berücksichtigt die Forschung nicht genug“, kritisiert er.

Als Beispiel nennt er, dass 20 bis 30% der Forschungsgrundlagen für die weltweiten Patente in den Bereichen Blockchain, Computer Vision oder selbstfahrende Fahrzeuge aus der Eurozone stammen – aber kaum Patente. „Es gibt kein Forschungsproblem, sondern ein Problem damit, Forschung in Anwendungen umzusetzen“, sagt Bergeaud. Einen Grund für dieses Problem sieht er darin, dass sich Europa in der Innovationspolitik zu stark auf die Sektoren konzentriert, in denen der Kontinent bereits erfolgreich ist.

Vorteile ausspielen

„Aktuelle Investitionen bevorzugen tendenziell etablierte Sektoren wie die Automobilindustrie und den Maschinenbau, während Hightech-Branchen wie Biotechnologie oder die Informations- und Kommunikationstechnik weiterhin unterfinanziert sind“, heißt es in der Studie. Ein zweites Problem sei die bislang unvollendete Kapitalmarktunion, die es europäischen Unternehmen erschwere, an private Finanzierungen zu kommen.

Um die Produktivität in der Eurozone zu erhöhen, rät Bergeaud nicht nur dazu, den Zugang für Finanzierungen gerade für junge und innovative Firmen zu verbessern. Er schlägt auch vor, dass sich Europa bei der Innovationspolitik auf den Bereich der grünen Technologien konzentrieren soll. Hier sei man bereits im globalen Vergleich gut aufgestellt und sollte jetzt den Vorteil ausbauen.

„Europa hat das Potenzial, weltweit führend zu sein“

„Europa hat das Potenzial, bei nachhaltigen Innovationen weltweit führend zu sein, die für die Bewältigung globaler Umweltprobleme entscheidend sind und zu Produktivitätsgewinnen führen und auf die gesamte Wirtschaft ausstrahlen“, schreibt Bergeaud in der Studie. Um dies umzusetzen, müsse Europa in die Bildung investieren und die Verbindung zwischen den Universitäten und den Forschungsabteilungen der Unternehmen stärken.

Für die EZB ist das Thema Produktivitätswachstum von Bedeutung, auch wenn das Mandat ausschließlich auf Preisstabilität und nicht auf Wirtschaftswachstum ausgerichtet ist. Zu verstehen und vorherzusagen, wie sich die Produktivität der Eurozone entwickelt, ist für die EZB zentral für die Projektionen des Wirtschaftswachstums und der Inflation. Die Entwicklung der Produktivität wird einen großen Einfluss auf Angebot und Nachfrage haben – und damit die Preise.


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