Einkaufsmanagerindex

Lage in Euro-Industrie verschärft sich

Der Ukraine-Krieg lastet stärker auf der Industriestimmung im Euroraum als zunächst gemeldet. Die Klagen über Materialmangel häufen sich, wie auch eine Ifo-Umfrage für Deutschland zeigt.

Lage in Euro-Industrie verschärft sich

ba Frankfurt

Das Risiko einer Rezession im Industriesektor der Eurozone steigt wegen der Auswirkungen des Ukraine-Kriegs. Die Geschäftsaussichten werden zwar immer noch insgesamt zuversichtlich bewertet, doch ist die entsprechende Komponente des Einkaufsmanagerindex im März so stark eingebrochen wie seit Beginn der Corona-Pandemie 2020 nicht mehr und deutet daher auf einen Produktionsrückgang im zweiten Quartal hin, wie S&P Global (ehemals IHS Markit) am Freitag mitteilte. Die Stimmung in den Industrieunternehmen hat sich stärker als zunächst prognostiziert eingetrübt, der Preisdruck beschleunigte sich und die Lieferengpässe nahmen wieder zu.

Der Einkaufsmanagerindex ist der zweiten Schätzung zufolge im März um 1,7 auf 56,5 Punkte gesunken – das sind 0,5 Zähler weniger als zunächst gemeldet. Der Wert signalisiert noch Wachstum, da er oberhalb der 50-Punkte-Marke und damit im Expansionsbereich liegt. „Während die Lockerungen der Corona-Restriktionen die Nachfrage ankurbelten, sich die Auftragsbücher der Hersteller wieder kräftig zu füllen begannen und auch die Produktion weiter hochgefahren wurde, haben sich die Wachstumsraten angesichts der Sanktionen, der steigenden Energiekosten und der neuen kriegsbedingten Versorgungsengpässe deutlich abgeschwächt“, erläutere Chris Williamson, Chefökonom bei S&P Global. Der Anstieg der Einkaufspreise war einer der höchsten in der Umfragegeschichte, und die Hersteller erhöhten ihre Verkaufspreise mit neuer Rekordrate, um ihre Margen zu sichern.

Die Lieferzeiten hingegen verlängerten sich verstärkt wegen der wieder steigenden Corona-Infektionszahlen in China und aufgrund des Ukraine-Kriegs. Nachdem der Lieferzeitenindex bei der Berechnung des Hauptindex invertiert wird, wäre die Abkühlung sogar noch deutlicher ausgefallen, hieß es bei S&P Global. Denn die anderen vier Teilindizes waren im Laufe des Monats allesamt rückläufig.

Auf Länderebene war Irland in der Rangliste mit minimalem Abstand vor Österreich Spitzenreiter. In allen übrigen von der Umfrage erfassten Ländern schwächte sich das Wachstum der jeweiligen Industriesektoren ab (siehe Grafik). Mit Blick auf die deutsche Industrie berichten die Einkaufsmanager bereits von ersten Auswirkungen des Ukraine-Kriegs: Die Zuversicht sei dramatisch eingebrochen, die Exportnachfrage ge­drückt und die Lieferverzögerungen kletterten auf den höchsten Stand seit November 2021.

Materialmangel nimmt zu

Der verschärfte Materialmangel in der deutschen Industrie zeigt sich auch in einer aktuellen Ifo-Umfrage: 80,2% der Firmen klagten im März über Engpässe und Probleme bei der Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen. Im Februar waren es noch 74,6%. „Die Attacke auf die Ukraine hat die Lage für viele Unternehmen nochmals verschlechtert“, sagt der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. „Zu den bestehenden sind nun neue Probleme in den Lieferketten hinzugekommen. 17% der Industriefirmen importieren zum Beispiel aus Russland.“

In den Schlüsselbranchen der deutschen Industrie seien die Anteile auf sehr hohem Niveau nahezu unverändert geblieben. Bei den Unternehmen aus der Automobilindustrie, dem Maschinenbau und der Elektroindustrie klagten rund 90% über Lieferprobleme. In der Chemischen Industrie stieg der Anteil von 58,4% auf 70,5%. „Ursprünglich hatten die Unternehmen für den Sommer mit einer Entspannung gerechnet. Die wird sich nun weiter verzögern“, erklärte Wohlrabe.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.