Merz dringt auf schnelle Koalitionsverhandlungen
Merz dringt auf schnelle Koalitionsverhandlungen
Regierung soll bis Ostern stehen – Überlegungen für ein neues Verteidigungs-Sondervermögen
CDU-Chef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz will mit der SPD zügig über eine Koalition verhandeln. Die Regierung soll bis Ostern stehen. Spekulationen über ein erhöhtes Sondervermögen zur Finanzierung von Verteidigungsausgabe gab Merz neue Nahrung. Er bestätigte Überlegungen. Die CSU zeigte sich offen dafür.
Von Angela Wefers, Berlin
„Die Themen drängen, sie dulden keinen Aufschub und deswegen lege ich Wert darauf, dass wir jetzt zügig in die Gespräche eintreten“, sagte der Unions-Kanzlerkandidat vor der konstituierenden Fraktionssitzung von CDU und CSU im Bundestag in Berlin. Merz nannte einen gut ausverhandelten Koalitionsvertrag mit der SPD als Voraussetzung für eine handlungsfähige Regierung und zeigte sich zuversichtlich. „Ich gehe davon aus, unverändert, dass wir einen guten Koalitionsvertrag mit den Sozialdemokraten verabreden können und dass wir das auch in einer überschaubaren Zeit machen“, sagte Merz. Eine neue Regierung können es Ostern geben. Bis dahin sind noch sieben Wochen Zeit. .
Merz nannten drei zentrale Themen: Außen- und Sicherheitspolitik, Migration und Wirtschaft. Die Weltlage verändere sich jeden Tag dramatisch. Die Lage der Wirtschaft bezeichnete Merz als nach wie vor „sehr prekär, sehr kritisch“. Es müssten schnell Entscheidungen getroffen werden, damit es im Laufe des Jahres wirtschaftlich wieder aufwärts gehe.
Spekulationen über eine schnelle Reform der Schuldenbremse wies Merz zurück. „Es ist in der naheliegenden Zukunft ausgeschlossen, dass wir die Schuldenbremse reformieren“, sagte er vor der Presse. „Das ist, wenn es überhaupt stattfindet, eine ziemlich umfangreiche, schwierige Arbeit, die da zu leisten ist.“ Überlegungen, das Sondervermögen für die Bundeswehr aufzustocken, bestätigte er. „Wir sprechen miteinander, aber es ist viel zu früh, darüber jetzt schon etwas zu sagen", konstatierte Merz. "Ich sehe es im Augenblick als schwierig an, aber wie gesagt, es gibt Gespräche.“ Mehr könne er dazu im Augenblick nicht sagen. Dabei blieb offen, wer die Gespräche führt.
Sondervermögen im Grundgesetz
Im Grundgesetz ist ein Sondervermögen mit Kreditermächtigung von 100 Mrd. Euro zur „Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit“ verankert. Die Ampel-Regierung hatte es nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine vor fünf Jahren gegen die Ausrüstungsdefizite bei der Bundeswehr ausgelegt. Deutschland erfüllte damit zusammen mit dem Verteidigungsetat die Nato-Quote, gibt also 2% seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung aus. 2028 ist das Sondervermögen erschöpft. Für die Nato-Quote müssten dann rund 30 Mrd. Euro im Jahr zusätzlich aus dem regulären Haushalt für Verteidigung aufgebracht werden – insgesamt rund 85 Mrd. Euro. Sollte die Anforderungen bei 3% bis 5% liegen, wie mittlerweile diskutiert wird, wären deutlich mehr Mittel erforderlich.
CSU-Chef Markus Söder und CSU-Landesgruppenvorsitzender Alexander Dobrindt zeigten sich offen, möglicherweise noch mit dem alten Bundestag eine Aufstockung des Sondervermögens zu beschließen. Dies müssten vor allem Merz und SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil klären, sagte Söder. Dies sei die „zentrale Achse“. Söder verwies auf Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). Dieser habe deutlich gesagt, was sich bei der Bundeswehr verbessern müsse, auch finanziell. Die CSU halte dies für „ziemlich zutreffend“. Pistorius, der bei Koalitionsverhandlungen auch eine zentrale Rolle spielen dürfte, spricht sich für eine langfristige finanzielle Absicherung der Bundeswehr aus. Dabei hat er einen Planungshorizont von zehn Jahren im Auge.
Sperrminorität in Sicht
Der Chef des Kieler Weltwirtschaftsinstituts Moritz Schularick hält es für richtig, noch mit dem alten Bundestag schnell Mittel für die Verteidigungsfähigkeit über ein Sondervermögen zu mobilisieren, um geopolitisch handlungsfähig zu bleiben. Es sei auch richtig, Verteidigung kurzfristig über Schulden zu finanzieren. Im Haushalt könnten Mittel in größerem Umfang nur mittelfristig umgeschichtet werden. „Der entschlossenste und weitsichtigste Schritt dafür wäre es, die Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse auszunehmen“, erklärte Schularick.
Im neu gewählten Bundestag haben AfD und Linke zusammen eine Sperrminorität und könnten ein höheres Sondervermögen blockieren. CDU und CSU erneuerten am Dienstag ihre Fraktionsgemeinschaft. Söder und Merz unterzeichneten die Vereinbarung. Merz wurde im Amt als Fraktionsvorsitzender bestätigt. Die CSU hatte zuvor Dobrindt wieder zum Landesgruppenchef gewählt. Die AfD bestätigte am Dienstag ihre Doppelfraktionsspitze Alice Weidel und Tino Chrupalla.