IWF-Bericht

Neue Risiken für die Finanzstabilität

Die Delta-Variante des Coronavirus und steigende Inflation haben nach Ansicht des Internationalen Währungsfonds neue Risiken für die Stabilität des Finanzsystems heraufbeschworen. Notenbanken müssten bei der Straffung ihrer Geldpolitik umso vorsichtiger sein.

Neue Risiken für die Finanzstabilität

det Washington

Die jüngste Welle von Neuinfektionen mit dem Coronavirus und die weltweit stark steigende Inflation haben nach Ansicht des Internationalen Währungsfonds (IWF) neue Risiken für die Stabilität des Finanzsystems heraufbeschworen. Um diesen entgegenzuwirken, müssten Politiker und Notenbanken das unterschiedliche Tempo der wirtschaftlichen Erholung in einzelnen Ländern im Auge behalten und ihre Hilfsmaßnahmen auf die individuellen Bedürfnisse einzelner Staaten zuschneiden, schreibt der IWF in seinem neuen Bericht zur globalen Finanzstabilität (GFSR).

Der GFSR stellt jedenfalls einen Kontrast dar zu den zentralen Erkenntnissen des IWF im Rahmen der Frühjahrstagung. Seinerzeit hob der halbjährlich erscheinende Finanzstabilitätsbericht die positiven Auswirkungen der diversen Konjunkturpakete und der ultralockeren Geldpolitik hervor. Zwar haben sich in den meisten Ländern die Finanzierungskonditionen gegenüber April weiter verbessert, heißt es. Gleichzeitig sind aber neue Risiken in Erscheinung getreten, die damals nicht abzusehen waren.

Inflation vorübergehend

Zu den akutesten Gefahren zählt der Fonds nun die Delta-Variante des Virus, das unebene Tempo der weltweiten Impfaktionen und die Tatsache, dass viele Länder nicht ausreichend mit Vakzinen gegen das Coronavirus versorgt sind. Dies schüre Sorgen über weiter divergierende Wachstumsraten. Hervorgehoben wird aber auch die steigende Inflation, die in vielen Ländern deutlich über den Erwartungen vor einem halben Jahr liegt.

Insbesondere habe die Unsicherheit unter Anlegern weiter zugenommen, weil Zweifel daran wachsen, inwieweit steigende Preise tatsächlich nur vorübergehender Natur sein werden, wie US-Notenbankchef Jerome Powell, andere Zentralbanker und auch der IWF annehmen. Damit begründet Powell, warum die Fed bis Ende September gewartet hat, um einen Zeitpunkt in Aussicht zu stellen, zu dem sie beginnen könnte, ihre Anleihekäufe abzuschmelzen (Tapering). Damit wird nun ab Dezember gerechnet.

Die Risiken erschöpfen sich aber laut IWF keineswegs in der andauernden Pandemie und steigenden Preisen. Genannt wird auch das rapide Wachstum der Märkte für Kryptowährungen. Die volatile Kursentwicklung der Kryptowährungen ebenso wie die Tatsache, dass diese Märkte keiner ausreichenden Regulierung unterliegen, gefährde die Finanzstabilität derzeit noch nicht, könnte aber künftig Folgen für die Geldpolitik haben, so der IWF.

Durch den Übergang zu einer Wirtschaft mit geringerem CO2-Ausstoß bieten sich hingegen für den Finanzsektor neue Chancen. Obwohl die Kapitalzuflüsse in Investmentfonds, die auf die Förderung erneuerbarer Energien ausgerichtet sind, sich bisher in Grenzen halten, sei das Interesse der Anleger hieran zuletzt kräftig gestiegen. Die Aussichten für „klimafreundliche Unternehmen“, künftig in den Genuss günstiger Finanzierungsbedingungen zu kommen, seien jedenfalls gut, so der GFSR.

Mahnung an Notenbanken

Nach Ansicht des Währungsfonds hat die ultralockere Geldpolitik während der Pandemie Risiken für die Finanzstabilität insofern kaschiert, als sie zu überzogenen Bewertungen an den Aktienmärkten geführt habe. Um plötzlichen Kurskorrekturen vorzubeugen, müssten die Notenbanken ihre Transparenz weiter erhöhen und mit Vorlauf signalisieren, wenn sie aufgrund der steigenden Inflation beabsichtigen, die geldpolitischen Zügel wieder straffer zu ziehen.

Gefordert ist angesichts der neuen Risiken aber auch die Fiskalpolitik. Während Konjunkturpakete weiter jene Sektoren stützen sollten, die von der Pandemie am härtesten betroffen sind, müssten diese noch mehr als bisher länder- und branchenspezifisch eingesetzt werden. Die Schwellenländer fordert der IWF auf, angesichts ihrer hohen Verschuldung auch einige Programme zurückzufahren und „fiskalische Puffer“ aufzubauen. Gepaart mit Strukturreformen könne dies Kapitalabflüsse, welche die Finanzstabilität gefährden würden, verhindern.