Neues Notfallinstrument für Krisen vorgeschlagen
ahe Brüssel
Mit einem neuen, mehrstufigen Gesetzesrahmen für künftige Krisensituationen, der sowohl die Prävention als auch konkrete Reaktionen auf Notfälle beinhaltet, will die EU-Kommission den Binnenmarkt widerstandsfähiger machen. „Der Binnenmarkt ist erwiesenermaßen unser größter Trumpf in Sachen Krisenmanagement“, begründete die Brüsseler Behörde am Montag ihre Vorschläge. Die Pandemie habe aber „strukturelle Mängel“ zutage treten lassen. Damalige einseitige Maßnahmen der Mitgliedstaaten hätten zu einer Fragmentierung geführt, die die Krise weiter verschärft und sich insbesondere auf kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) negativ ausgewirkt habe.
Vor allem zu Beginn der Pandemie hatten etliche Länder wieder Grenzkontrollen eingeführt. Riesige Staus etwa störten zum Teil Lieferketten. Konkret sollen nun etwa Staaten Maßnahmen verboten werden können, die die Reisefreiheit einschränken, oder Firmen im Extremfall verbindliche Vorgaben gemacht werden können, etwa bestimmte Aufträge bevorzugt zu behandeln.
„Die Covid-19-Krise hat es deutlich gemacht: Wir müssen unseren Binnenmarkt jederzeit funktionsfähig machen, auch in Krisenzeiten“, sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager in Brüssel. Benötigt würden daher neue Instrumente, mit denen die EU rasch gemeinsam reagieren könne. Ziel sei es, dass der Binnenmarkt offen bleibe und lebenswichtige Waren – auch zum Schutz der Menschen – verfügbar blieben.
Schutz des Binnenmarktes
Binnenmarktkommissar Thierry Breton verwies darauf, dass andere Länder bereits ähnliche Kriseninstrumente hätten. Er hofft darauf, dass die Gesetzesvorlage im nächsten Jahr pünktlich zum 30. Geburtstag des Binnenmarktes verabschiedet wird.
Dann soll es nach der Planungsphase in einer zweiten Stufe unter anderem den koordinierten Aufbau von Vorräten strategisch wichtiger Waren geben. Zudem ist vorgesehen, Lieferketten strenger zu überwachen, um mögliche Störungen frühzeitig zu erkennen. Auf welche Produkte sich das Instrument genau bezieht, wird offengelassen.
Zwangsmaßnahmen für Unternehmen sollen erst möglich sein, wenn der Notfallmodus ausgerufen wurde. Dies kann etwa der Fall sein, wenn es bereits zu schwerwiegenden Störungen im Binnenmarkt gekommen ist. Der Notfallmodus, der auf sechs Monate begrenzt wird, kann nur im Einklang mit einer Mehrheit der EU-Staaten ausgerufen werden kann. Die Freizügigkeit im Binnenmarkt würde dann durch eine schwarze Liste verbotener Beschränkungen aufrechterhalten. Brüssel könnte dann verbindliche Informationen aus der Wirtschaft verlangen und könnte Unternehmen dazu auffordern, bestimmte Aufträge für krisenrelevante Güter vorrangig zu behandeln. Bei Zuwiderhandlung drohen auch Strafzahlungen.
Das Bundeswirtschaftsministerium unterstützt den Ansatz der EU-Kommission. „Um die Funktionsfähigkeit des Binnenmarktes in einer Krise aufrechtzuerhalten, sind Transparenz und Koordinierung essenziell“, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin Franziska Brantner. Ein wichtiger Punkt im weiteren Gesetzgebungsprozess werde ein klar geregeltes und effektives Zusammenspiel von Brüssel und Mitgliedstaaten sein. Die Auswirkungen auf und die Einbeziehung von privaten Akteuren würden dabei zentral sein.