Notenbanken nähern sich Zinsgipfel
rec Frankfurt
Zentralbanken aus der zweiten Reihe der Weltwirtschaft steuern auf das Plateau ihres Zinserhöhungszyklus zu. Nachdem die brasilianische Notenbank eine weitere Erhöhung um 50 Basispunkte beschlossen hat, erwarten Analysten allenfalls noch einen kleinen oder gar keinen weiteren Schritt mehr. Tschechiens Währungshüter haben sich in neuer Besetzung bereits zum Pausieren entschieden. Am Markt wird erwartet, dass diesen Freitag Indiens Notenbank nachlegt und das Zinsniveau vor der Coronakrise erreicht.
Aufgrund von Angebotsengpässen im Zuge des Wiederaufschwungs nach der Pandemie und nun des Ukraine-Kriegs hat sich das Problem einer zu hohen Inflation im Prinzip weltweit immer weiter verschärft. Die meisten Zentralbanken in Schwellenländern haben frühzeitig reagiert und mit Zinserhöhungen gegengesteuert. Sie wollten damit auch der US-Notenbank Fed zuvorkommen und Währungsturbulenzen verhindern – was weitgehend geglückt ist. Während die Fed unter Volldampf die Zinsen erhöht, scheint anderswo der Zenit erreicht zu sein.
Das gilt in erster Linie für Brasiliens Notenbank. Im weltweiten Vergleich ist sie am frühesten und energischsten zur Sache gegangen. Die Zinserhöhung auf 13,75% am Mittwochabend war die zwölfte seit Frühjahr 2021 – und mutmaßlich die vorletzte oder letzte. William Jackson von Capital Economics schätzt, sie werde nun auch „eine der ersten Zentralbanken in Schwellenländern sein, die ihren Straffungszyklus zum Abschluss bringt“. Für September steht ein Schritt um 25 Basispunkte im Raum. Aber das sei „keine Gewissheit“, meint der Analyst Dev Ashish von Société Générale.
Tatsächlich sind Tschechiens Währungshüter ihren Kollegen in Brasilien in gewisser Weise zuvorgekommen, indem sie ihren Straffungskurs am Donnerstag zumindest unterbrochen haben. Den Leitzins haben sie diesmal nicht angetastet, er bleibt bei 7%. Beobachter hatten das mehrheitlich so erwartet, was auch mit einer Reihe von Personalwechseln in der Entscheidungsebene der Notenbank zu tun hat.
Staatspräsident Miloš Zeman hat nicht nur einen neuen Notenbankchef ernannt. Auch hat er drei vakante Posten im Entscheidungsgremium neu besetzt. Nach Beobachtung von DZ-Bank-Analystin Sandra Striffler handelt es sich bei den Neuzugängen überwiegend um Vertreter einer eher lockeren Geldpolitik. Das habe das Lager der sogenannten „Tauben“ somit gestärkt. Striffler rechnet damit, dass Tschechiens Notenbank im Kampf gegen die Inflation und „zur Stärkung ihrer Landeswährung weiterhin regelmäßig am Devisenmarkt aktiv sein“ wird.
Moskaus Devisen-Ukas
Unterdessen hat Russlands Zentralbank Unternehmen aufgerufen, ihre Bestände an Devisen „unfreundlicher Staaten“ abzubauen. Gemeint sind Staaten, die Sanktionen wegen des Ukraine-Kriegs verhängt haben. In einem Finanzmarktbericht bezeichnete die Notenbank es als ratsam, das Geld in Devisen anderer Staaten zu übertragen, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Sie kündigte zudem weitere Schritte an, um die Geschäfte der Banken in Dollar und Euro zu verkleinern. Damit soll unter anderem die US-Währung in Russland zurückgedrängt werden, um Wirtschaft und Bürger von einigen der Sanktionen abzuschirmen.