Omikron zieht Dienstleister runter
ba Frankfurt
Der Euro-Wirtschaft steht zum Jahresende wegen der wiederaufgeflammten Corona-Pandemie erneut ein Dämpfer bevor. Die in zahlreichen Ländern verschärften Restriktionen haben im Dezember insbesondere im Dienstleistungssektor die Stimmung verhagelt, aber auch in der Industrie ist die Laune etwas schlechter geworden – obwohl die Lieferprobleme etwas nachließen. Die vorläufigen Ergebnisse der Einkaufsmanagerumfrage zeugen zudem von einem anhaltend hohen Inflationsdruck, doch gab es diesmal keine weiteren Rekordwerte bei den Steigerungsraten von Einkaufs- und Verkaufspreisen.
Der Industrie und Dienstleister zusammenfassende Einkaufsmanagerindex (PMI) Composite fiel im Monatsvergleich um 2,0 auf 53,4 Punkte, wie das Forschungsunternehmen IHS Markit gestern mitteilte. Das ist der tiefste Stand seit März. Ökonomen hatten im Schnitt einen Rückgang auf 54,4 Punkte erwartet. Damit hält sich das Frühbarometer aber weiter über dem vor der Pandemie gemessenen Langzeitdurchschnitt von 53,0 Zählern und signalisiert mit einem Wert über 50 Punkten Wachstum.
„Die Wirtschaft der Eurozone wird ein weiteres Mal von der Corona-Pandemie gebeutelt“, erklärte Markit-Chefökonom Chris Williamson. Vor allem im Dienstleistungssektor hätten die steigenden Corona-Infektionen das Wachstum gedämpft und für ein enttäuschendes Jahresende gesorgt. Der entsprechende Teilindex gab um 2,6 auf 53,3 Punkte nach. Als ermutigend bezeichnete Williamson hingegen die Entwicklung in der Industrie. Dass der Druck auf die Lieferketten etwas nachgelassen habe, habe der Produktion auf die Beine geholfen. „Vor allem bei den Autoherstellern hat die Fertigung erstmals seit August wieder zugelegt.“ Der Teilindex der Industrie gab um 0,4 auf 58,0 Punkte nach.
Commerzbank-Ökonom Christoph Weil warnt allerdings, dass die Einkaufsmanagerindizes die aktuelle konjunkturelle Lage derzeit nur verzerrt widerspiegelten: Denn die Restriktionen machten sich vor allem im Einzelhandel, im Hotel- und Gaststättengewerbe sowie im Bereich Kultur schmerzlich bemerkbar – doch seien gerade diese Dienstleistungen im entsprechenden Einkaufsmanagerindex stark unterpräsentiert. Insofern unterzeichne das Dezember-Minus die Verschlechterung der Lage in diesem Bereich. Der Industrieindex indessen spreche für eine kräftige Aktivitätszunahme, obwohl die Produktion seit Jahresbeginn weitgehend stagniere. Die „nach wie vor ungewöhnlich hohen Lieferzeiten“ führt er nicht nur auf leichte Entspannungen bei den Lieferengpässen zurück, sondern auch darauf, „dass die Unternehmen ihre Vorräte an Vorprodukten deutlich aufstocken (wollen)“. Das Wiederauffüllen der leer gefegten Lager ist neben den rekordvollen Auftragsbüchern ein Argument unter Ökonomen, dass die Industriekonjunktur wieder anspringt, sobald sich die Logistikprobleme auflösen. Damit ist allerdings vor Mitte des kommenden Jahres in der Breite nicht zu rechnen.
Eine „kleine Entspannung“ macht Christian Melzer von der DekaBank bei den Teilfragen zu den Preisen aus. Neue Rekorde bei den Einkaufs- und Verkaufspreisen sind im Dezember ausgeblieben. IHS Markit zufolge waren es aber immer noch die zweithöchsten Raten seit Beginn der Aufzeichnungen. „Auch wenn die Inflation bald ihren Höhepunkt erreicht haben könnte, wird die Steigerungsrate hoch bleiben“, erwartet Williamson.
Deutscher Aufschwung endet
Von der Stimmungseintrübung war Williamson zufolge Deutschland besonders stark betroffen, wobei „die Abkühlung die gesamte Region erfasst hat“. In Deutschland endete der 17-monatige Aufschwung, der PMI Composite fiel um 2,2 Punkte auf 50,0 und signalisiert damit Stillstand. Ökonomen hatten mit einem Wert von 51,1 Zählern gerechnet. Während die Dienstleister unter Druck gerieten und erstmals seit acht Monaten Einbußen verzeichneten, beschleunigte sich das Wachstumstempo der Industrie. „Die Coronasorgen scheinen in Deutschland die Lieferkettenprobleme überholt zu haben“, urteilte Deka-Ökonom Melzer. In Frankreich gaben beide Teilindizes nach, so dass der PMI Composite um 1,0 auf 54,9 Punkte fiel. In den übrigen von der Umfrage erfassten Ländern steht IHS Markit zufolge ebenfalls eine Wachstumsverlangsamung an.