Konjunkturschwäche

Peking verspricht Wachstums­belebung

Wachsende Markttumulte im Nachgang zu Chinas Parteikongress rufen die Regierung mit optimistischen Ankündigungen zu einer anstehenden Konjunkturbelebung auf den Plan. Neue Langfrist-Prognosen malen aber schwarz.

Peking verspricht Wachstums­belebung

nh Schanghai

Die chinesische Regierung stemmt sich mit optimistischen Botschaften zum Erholungspotenzial der Konjunktur gegen einen wachsenden Vertrauensentzug heimischer und internationaler Anleger. Der noch bis zum März amtierende Premier Li Keqiang hat nach einer Sitzung des Staatsrates erneut die Botschaft verbreiten lassen, dass sich die chinesische Wirtschaft auf dem Wege der Stabilisierung befinde. Gleichzeitig versprach Li weitere Bemühungen zur Anregung der Binnennachfrage und des vor allem infolge wiederkehrender Corona-Restriktionen weiter abbröckelnden Konsums.

Chinas Wirtschaft hat nach dem von Lockdown-Maßnahmen ausgelösten Einbruch im Frühjahr im dritten Quartal zwar wieder Fahrt aufgenommen, liegt mit zuletzt 3,9% Wachstum aber noch immer weit hinter dem gewohnten Niveau und dem offiziellen Wachstumsziel bei 5,5%. Im Septemberquartal sah man zwar eine Belebung der Industrieproduktion und mehr Schubkraft bei öffentlichen Anlageinvestitionen, weite Teile des Dienstleistungssektors aber spüren erhebliche Einschnitte durch anhaltende Corona-Restriktionen.

Corona-Politik als Bremse

China-Ökonomen gehen davon aus, dass das am Boden liegende Konsumvertrauen nur im Zuge einer wesentlichen Milderung der sogenannten Corona-Nulltoleranzpolitik wieder aufgerichtet werden kann. Eine solche ist allerdings nicht in Sicht. Vielmehr wurden im Verlauf der letzten Oktoberwoche in zahlreichen chinesischen Großstädten wieder partielle Lockdowns wegen vereinzelter Ansteckungsfälle orchestriert.

Die geringe Aussicht auf eine fundamentale Veränderung in der Corona-Politik und anhaltende Probleme am Immobilienmarkt lassen China-Ökonomen pessimistisch in die Zukunft blicken. Die jüngste Analystenumfrage von Bloomberg führt zu einer von 3,4 auf 3,3% nach unten korrigierten Medianschätzung für das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2022. Auch bei den Prognosen für die kommenden zwei Jahre sieht man Abwärtskorrekturen. Für das Jahr 2023 liegt die neue Medianschätzung bei einem BIP-Wachstum von 4,9% nach zuvor 5,1%. Im darauffolgenden Jahr zeichnet sich ebenso wenig eine positive Wende ab, hier rechnen die Experten jetzt mit 4,8 statt 5%.

Neben der rigiden Corona-Politik führt auch die Furcht vor einer gänzlich parteipolitisch überformten Wirtschaftslenkung zum Vertrauensentzug an den Märkten. Auf dem Parteikongress vor einer Woche ließ Staatschef Xi Jinping für seine dritte Amtsperiode praktisch sämtliche als reform- und marktorientiert geltenden Politiker aussieben und sämtliche Führungsposten auf Partei- wie auch Regierungsebene ausschließlich mit engen Gefolgsmännern besetzen. An Chinas Aktienmärkten löste dies eine spektakuläre Anlegerflucht aus, die sich am Freitag nochmals in einem empfindlichen Kurssturz entlud. Der Leitindex an der international stark frequentierten Hongkonger Börse fiel dabei erstmals seit 13 Jahren wieder unter die Marke von 15000 Punkten.

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