Polen und Ungarn erneut am Pranger
ahe Brüssel
Polen und Ungarn sind in der EU erneut wegen Problemen mit der Rechtsstaatlichkeit kritisiert worden. In ihrem zum zweiten Mal vorgelegten Rechtsstaatsbericht verwies die EU-Kommission nun bei beiden Staaten auf Defizite im Justizwesen und bei der Korruptionsbekämpfung. Vera Jourova, zuständige Vizepräsidentin der Brüsseler Behörde, betonte bei der Vorstellung des Berichts, „in einer Reihe von Mitgliedstaaten“ gebe es „Anlass zu ernster Besorgnis“, insbesondere was die Unabhängigkeit der Justiz betreffe. Zudem seien allein in den vergangenen Monaten zwei Journalisten ermordet worden. „Das ist nicht hinnehmbar“, so die Tschechin.
Mit Blick auf Ungarn war unter anderem von unzureichenden unabhängigen Kontrollmechanismen und einem mangelnden Vorgehen gegen Klientelismus und Vetternwirtschaft die Rede. Zu Polen heißt es, es gebe Risiken hinsichtlich der Wirksamkeit der Bekämpfung von Korruption auf hoher Ebene, einschließlich der Gefahr eines unzulässigen Einflusses auf die Strafverfolgung zu politischen Zwecken.
Angesichts dieses Berichts wurden erneut im EU-Parlament Stimmen laut, die eine Kürzung von EU-Mitteln für Polen und Ungarn forderten. Denn die kritisierte unzureichende Korruptionsbekämpfung birgt theoretisch auch das Risiko, dass die Gelder veruntreut werden. „Wenn wir verhindern wollen, dass sich Ungarn und Polen weiter zu Autokratien entwickeln, muss die EU-Kommission die Auszahlung von EU-Geld an Warschau und Budapest unmittelbar stoppen“, kommentierte der Grünen-Politiker Daniel Freund. Und die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Katarina Barley (SPD), sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, wichtig sei, dass diese Maßnahmen in erster Linie die Regierungen träfen und nicht die Bevölkerung.
Größere Kritik an Deutschland gab es in dem Jahresbericht nicht. „Das Justizsystem funktioniert weiterhin effizient“, hieß es. Verbesserungsbedarf wird lediglich in Bereichen wie Transparenz gesehen. So werden zum Beispiel rechtliche Lücken bei den Regeln zur Parteienfinanzierung und zu hohe Spendenobergrenzen kritisiert. Die Gewaltenteilung habe während der Pandemie in Deutschland eine aktive Rolle gespielt, hieß es weiter. Erwähnt wurden in Bezug auf die Zivilgesellschaft Unsicherheiten beim Steuerbefreiungsstatus gemeinnütziger Organisationen.