Frankreichs neue Minderheitsregierung

Premierminister Barnier plant Steuererhöhungen

Frankreichs neuer Premierminister verspricht, die Rentenreform Emmanuel Macrons zumindest teilweise zu überarbeiten. Für den Defizitabbau will er Großkonzerne und vermögende Franzosen vorübergehend stärker besteuern.

Premierminister Barnier plant Steuererhöhungen

Premierminister Barnier
plant Steuererhöhungen

Verschuldung gilt als „größte Bedrohung“ des Landes

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Gesche Wüpper, Paris

Frankreichs neue Minderheitsregierung

Fast drei Monate nach den vorgezogenen Parlamentswahlen hat Frankreichs neuer Premierminister Michel Barnier Dienstagnachmittag seine mit Spannung erwartete Regierungserklärung abgegeben. Gewerkschaften hatten landesweit zu insgesamt 180 Demonstrationen sowie Streiks aufgerufen, um Druck auf seine Mitte-Rechts-Regierung auszuüben, die von Präsident Emmanuel Macron letztes Jahr auf den Weg gebrachte Rentenreform wieder rückgängig zu machen und die Löhne zu erhöhen.

Sowohl das Linksbündnis Nouveau Front Populaire (NFP) als auch der rechtsextreme Rassemblement National (RN) wollen beantragen, dass die Rentenreform wieder abgeschafft wird. Barnier kündigte in seiner Regierungserklärung an, mit den Sozialpartnern zusammen überlegen zu wollen, wie die Reform in einigen Fällen korrigiert werden kann, ohne das Rentensystem ins Ungleichgewicht zu bringen.

Damokles-Schwert hohe Verschuldung

Das Linksbündnis NFP verfügt über 182 Sitze in der Nationalversammlung, die Mitte-Allianz der Partei Macrons über 166 Sitze, Barniers Partei Die Republikaner über 47 und der RN über 126. Als Barnier mit seiner Rede begann, hagelte es Buhrufe. Mehrere Abgeordnete der NFP hielten ihre Wahlkarten hoch, um dagegen zu protestieren, dass Macron das Linksbündnis nicht mit der Regierungsbildung beauftragt hat. Barnier selber wollte darauf verzichten, nach der Regierungserklärung die Vertrauensfrage zu stellen. Ihm könnte jedoch schon bald ein Misstrauensantrag drohen, wenn seine Regierung am 10. Oktober den Haushaltsentwurf vorstellt.

„Wir befinden uns auf einer Gratwanderung“, sagte Barnier jetzt. Vor allem die kolossale Verschuldung von 3.228 Mrd. Euro schwebe wie ein Damoklesschwert über Frankreich. Allein der Schuldendienst koste 51 Mrd. Euro pro Jahr. „Das wichtigste Heilmittel gegen Schulden ist die Reduzierung der Ausgaben.“ Ziel sei, so Barnier, das Defizit 2025 auf 5% zu senken, 2029 dann auf 3%, also zwei Jahre später als bisher von Paris versprochen. Um das zu erreichen, will Barnier Großkonzerne mit hohen Gewinnen und vermögende Franzosen stärker besteuern, zumindest vorübergehend. Handlungsbedarf sieht er auch bei der Umweltpolitik.

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