OECD-Debt-Report 2025

Problemfall globale Schuldenlast

Die Verschuldung von Staaten und Unternehmen wird nach Ansicht der OECD wegen steigender Zinsen zunehmend zum Problem: Gläubiger zeigen sich kritischer, die Refinanzierung wird nicht nur teurer, sondern auch schwieriger, und Entwicklungsländer müssen auf lokale Märkte ausweichen.

Problemfall globale Schuldenlast

Problemfall globale Schuldenlast

OECD: Steigende Zinsen treiben öffentliche Kreditaufnahme immer weiter in die Höhe

Die höhere Verschuldung von Staaten und Unternehmen wird nach Ansicht der Industrieländerorganisation OECD wegen steigender Zinsen zunehmend zum Problem: Gläubiger zeigen sich kritischer, die Refinanzierung wird nicht nur teurer, sondern auch schwieriger, und Entwicklungsländer müssen auf lokale Märkte ausweichen.

lz Frankfurt
Von Stephan Lorz, Frankfurt

Die weltweit ausstehenden Staats- und Unternehmensanleihen haben im vergangenen Jahr die Marke von 100 Bill. Dollar überstiegen. Gleichzeitig fielen die Marktzinsen höher aus, sodass nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) auch die Zinskosten zulegen. Sie liegen inzwischen auf dem höchsten Wert der vergangenen 20 Jahre. Die Zinszahlungen der Regierungen schnellten damit auf 3,3% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) hoch und übertreffen damit inzwischen in vielen Ländern die Höhe der Verteidigungsausgaben.

Die steigenden Zinskosten kommen zu einer Zeit, in der viele Regierungen die Ausgaben eher weiter erhöhen. So hat der Deutsche Bundestag zwei Multimilliarden große Finanzpakete geschnürt für massive Infrastrukturinvestitionen und eine deutliche Steigerung der Verteidigungsausgaben. Auch in vielen anderen Ländern geht man diesen Weg. Hinzu kommt langfristiger Finanzierungsbedarf durch den Klimawandel und die alternde Bevölkerung.

„Die Kombination aus höheren Kosten und Verschuldung birgt die Gefahr, dass die Kapazität für künftige Kreditaufnahmen eingeschränkt wird, und das zu einer Zeit, da der Investitionsbedarf größer ist als je zuvor“, warnt die OECD.

Zweifel an Aufnahmefähigkeit

Regierungen und Unternehmen nahmen nach den OECD-Daten 2024 weltweit 25 Bill. Dollar an den Märkten auf, fast das Dreifache des Betrags von 2007. Dieser Anstieg ist größtenteils auf die Finanzkrise von 2008 und die COVID-19-Pandemie zurückzuführen, auf die mit umfangreichen fiskalischen Unterstützungspaketen reagiert wurde. Strengere Bankregeln und Bankvorschriften hätten Unternehmen außerdem dazu ermutigt, sich stärker auf die Anleihemärkte zu verlassen, vermutet die OECD. Auch 2025 dürfte die Kreditaufnahme von Staaten und Unternehmen weiter zulegen, prognostizieren die Fiskalexperten.

Nach einem vorübergehenden dämpfenden Effekt der Inflation auf die Verschuldung im Verhältnis zum BIP haben diese Quoten in mehreren Ländern wieder zugenommen. In der OECD stieg die Schuldenquote von 82% im Jahr 2023 auf 84% im Jahr 2024. Für 2025 wird ein Anstieg auf 85% erwartet – mehr als 10 Prozentpunkte über dem Wert von 2019 und fast das Doppelte des Niveaus von 2007.

Hoher Niedrigzinsbestand

Noch profitieren die Länder von den über Jahre niedrigen Zinskosten. Nach Angaben der OECD liegen etwas mehr als die Hälfe der ausstehenden Schuldenpapiere noch unter dem aktuellen Marktniveau. Bei den Bonds im Investmentgrade-Bereich von Unternehmen sind es knapp zwei Drittel, bei Junk-Unternehmensschulden sogar fast drei Viertel.

2027 könnte dabei zum Entscheidungsjahr werden für eine ganze Reihe von Schuldenländern und Unternehmensschuldnern. Denn in diesem Jahr werden fast die Hälfte der Staatsschulden der OECD-Länder und der Schwellenländer und etwa ein Drittel der Unternehmensschulden fällig und müssen refinanziert werden. Je nach aktuellem Zinsumfeld wird das womöglich besonders teuer, oder besonders schwierig, die Papiere zu tragbaren Konditionen noch unterzubringen.

Da die Verschuldung immer teurer wird, müssen Staaten und Unternehmen daher sicherstellen, dass ihre Kreditaufnahme langfristiges Wachstum und Produktivität unterstützt, mahnt Serdar Celik, Leiter Kapitalmärkte und Finanzinstitutionen bei der OECD. „Wenn sie es auf diese Weise tun, sind wir nicht besorgt. Wenn sie es aber nicht so machen, und zusätzliche Schulden eingegangen werden, ohne die Produktionskapazität der Wirtschaft zu steigern, dann werden sie schwierige Zeiten erleben“, mahnt er.

Nur produktive Investitionen

Viele Unternehmen scheinen dies nicht so sehr vor Augen zu haben. Seit 2008 haben sie der OECD zufolge höhere Kredite eher für finanzielle Zwecke wie Refinanzierungen oder Ausschüttungen an Aktionäre in Anspruch genommen, während die Unternehmensinvestitionen seither zugleich zurückgegangen sind.

Die Finanzierung der Klimawende ist nach Meinung der OECD zudem eine „immense Herausforderung“. Wenn die für den Übergang erforderlichen zusätzlichen Investitionen öffentlich finanziert werden, könnte dies die Schuldenquote in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften bis 2050 um 25 Prozentpunkte und in China um 41 Prozentpunkte erhöhen, mahnt die OECD.

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