Geldpolitik

Rätselraten um Kurs der Fed

Fed-Chef Jerome Powell vermeidet bei der Pressekonferenz nach dem Zinsentscheid am Mittwoch jegliche Signale für den möglichen Zeitpunkt einer ersten Zinssenkung. Neue Wirtschaftsdaten und Äußerungen interpretieren Analysten unterschiedlich. Das Rätselraten um den künftigen Kurs der Fed geht weiter.

Rätselraten um Kurs der Fed

Rätselraten um Kurs der Fed

US-Notenbank lässt Zeitpunkt der Zinswende komplett offen – Prognose sieht im Median nur noch eine Zinssenkung 2024

Fed-Chef Jerome Powell vermeidet bei der Pressekonferenz nach dem Zinsentscheid am Mittwoch jegliche Signale für den möglichen Zeitpunkt einer ersten Zinssenkung. Neue Wirtschaftsdaten und Äußerungen interpretieren Analysten unterschiedlich. Das Rätselraten um den künftigen Kurs der Fed geht weiter.

mpi Frankfurt

Analysten kommen zu unterschiedlichen Schlüssen, ob eine Zinssenkung der Fed im September seit diesem Mittwoch wahrscheinlicher geworden ist oder nicht. Wie erwartet hat die US-Notenbank den Leitzins in der Spanne von 5,25 bis 5,5% belassen. Dies teilte der Offenmarktausschuss (FOMC) der Fed in Washington, D.C. mit.

Gleichzeitig veröffentlichte die Fed eine neue Prognose für Inflation, Wirtschaftswachstum, Arbeitslosenquote und die Höhe der Leitzinsen. Im Vergleich zur vorherigen Voraussage im März haben die Notenbanker ihre Erwartungen an Zinssenkungen 2024 deutlich nach unten geschraubt. Gingen sie damals im Median von drei Lockerungen bis zum Jahresende aus, ist es jetzt nur eine einzige. Nichtsdestoweniger rechnet eine relative Mehrheit von acht FOMC-Mitgliedern für 2024 mit zwei Zinssenkungen. Da aber sieben nur eine prognostizieren und vier gar keine, liegt der Median bei einer Lockerung.

Powell: Zinsprognosen sind keine Pläne

Fed-Chef Jerome Powell hob auf der Pressekonferenz nach dem Zinsentscheid hervor, dass für 2025 die FOMC-Mitglieder nun mit einer zusätzlichen Zinssenkung rechnen. „Das Credo lautet also: Im laufenden Jahr weniger Zinssenkungen, dafür im kommenden Jahr mehr“, sagte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Powell betonte jedoch auch, dass die Prognosen keine Pläne des FOMC seien, sondern Vorhersagen, die sich je nach Entwicklung der Daten noch ändern könnten. Zwei Zinssenkungen 2024 sind also ebenso wenig vom Tisch wie gar keine.

Signale für Abkühlung

Die Meinungen unter Analysten gehen auch weit auseinander, wann und wie oft die Fed die Geldpolitik lockert. „Trotz der zeitlichen Nähe zu den US-Wahlen rechnen wir nun erst im September mit einer Senkung um 25 Basispunkte, gefolgt von einem weiteren Schritt im Dezember“, schreibt etwa Roland Metzenmacher, Ökonom bei der BayernLB. Anders interpretieren die Volkswirte der Commerzbank den Auftritt von Powell. „Wir sehen uns in unserer seit längerer Zeit vertretenen Ansicht bestärkt, dass sich die Fed sehr vorsichtig an den ersten Zinsschritt herantastet“, heißt es dort. „Daher erscheint uns die Prognose einer ersten Zinssenkung erst im Dezember weiterhin plausibel.“

Gitzel kann sich vorstellen, dass es sogar noch länger bis zur ersten Zinssenkung dauert. Zwar gebe es Anzeichen, dass die US-Konjunktur an Schwung verliert und die Inflationsraten im zweiten Halbjahr sinken, was den Weg für eine Zinssenkung frei machen würde. „Doch die US-Wirtschaft hat zuletzt immer wieder auf der positiven Seite überrascht, deshalb ist bislang auch nicht auszuschließen, dass es zu keiner Zinssenkung im laufenden Jahr kommt“, meint Gitzel.

Höhere Inflationsprognose

Die US-Notenbank erwartet eine nachlassende Wirtschaftsdynamik. In ihrer Prognose vom Mittwoch sagt sie unverändert eine Wachstumsrate von 2,1% in diesem und 2,0% im kommenden Jahr voraus. Im ersten Quartal 2024 war die US-Wirtschaft um 2,9% zum Vorjahresquartal gewachsen. Die Inflationsprognose hob die Fed trotz der überraschend positiv ausgefallen Inflationsdaten für Mai von 2,4 auf 2,6% für 2024 an. Bei der Kernrate revidierten die Notenbanker die Prognose von 2,6 auf 2,8%. Dementsprechend fehlt der Fed weiterhin die Zuversicht, dass sich die Inflation nachhaltig Richtung 2% bewegt. Dies ist laut Notenbank jedoch Voraussetzung für eine Zinssenkung.


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