Konjunktur

Reisebranche atmet auf – Gastgewerbe unter Druck

Die Übernachtungszahlen in Deutschland steigen stark und nähern sich dem Vorkrisenniveau. Aus dem Schneider sind Hotels und Gaststätten aber längst nicht, zeigt eine Umfrage.

Reisebranche atmet auf – Gastgewerbe unter Druck

rec Frankfurt

Der Tourismus in Deutschland erholt sich zügig vom tiefen Einbruch wegen der Pandemie. Die Übernachtungszahlen in Hotels, Pensionen, Ferienhöfen, Campingplätzen und anderen Unterkünften sind laut Statistischem Bundesamt (Destatis) bis zur Mitte des Jahres fast auf das Niveau vor der Coronakrise zurückgekehrt. Allerdings steht das Gastgewerbe insgesamt wegen stark steigender Kosten unter Druck, mahnt der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga.

Im Juni verzeichneten die Betriebe 48,9 Millionen Übernachtungen. Die Lücke zum Vorkrisenstand schließt sich somit weiter: Im Juni 2019 kamen lediglich 3,4% mehr Gäste (siehe Grafik). Während der Pandemie brachen die Gästezahlen ein. Zeitweise galt ein Beherbergungsverbot für Privatreisende, das im Mai 2021 endete. Entsprechend dramatisch ist nun der Umschwung: Von Januar bis Juni summiert sich das Plus bei den Übernachtungen in Deutschland auf 146% gegenüber dem ersten Halbjahr 2021.

Die Reisebranche atmet auf. Norbert Kunz, Chef des Touristikverbandes DTV, spricht von einer erfreulichen Entwicklung. Sie zeige, „dass Deutschland als Reiseziel gut aufgestellt ist“. Vor allem der Andrang aus dem Ausland ist gestiegen. „Es gibt nach mehr als zwei Jahren Pandemie enorm viel aufgestaute Reiselust“, berichtet Ingo Burmester, Zentraleuropa-Chef von DER Touristik. Für Kunz steht der eigentliche Test aber im zweiten Halbjahr bevor: Höhere Lebenshaltungskosten, so die Sorge, könnten die Reiselust bremsen.

Aber auch dem Gastgewerbe selbst machen stark steigende Kosten für Energie und Lebensmittel zu schaffen. Zwar haben die Umsätze von Hotels und Gaststätten im Juli erstmals das Vorkrisenniveau aus dem Jahr 2019 erreicht. Das hat der Branchenverband Dehoga in einer Umfrage ermittelt. Aber „den Umsätzen stehen weitaus höhere Kosten entgegen als vor der Coronakrise“, sagt Dehoga-Präsident Guido Zöllick, „insbesondere die explodierenden Gas- und Strompreise bereiten den Betrieben sehr große Sorgen“. Auch mit Blick auf das neue Infektionsschutzgesetz und mögliche neue Einschränkungen in Herbst und Winter wachsen laut Dehoga Existenzängste.

Insolvenzen weiter rückläufig

In der Breite ist der Trend bei Unternehmensinsolvenzen hierzulande über den Sommer rückläufig. Nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamts beantragten im Juli 4,2% weniger Betriebe Regelinsolvenz als im Juni. Im Juni war der Rückgang zum Vormonat mit –7,6% noch ausgeprägter. Die Frühschätzungen von Destatis beruhen auf aktuellen Bekanntmachungen aller Amtsgerichte. Die amtliche Insolvenzstatistik liegt erst mit circa zwei Monaten Abstand vor. Endgültigen Ergebnissen zufolge sind die Insolvenzen im Mai auf Jahressicht um 11,3% gestiegen. Das hat nicht zuletzt mit Sonderregeln während der Pandemie zu tun, denn zwischenzeitlich war die Insolventantragspflicht ausgesetzt.