KommentarDigitalgipfel Frankfurt

Rohrkrepierer Digitalstrategie

Die Digitalstrategie kommt mit großen Vorhaben und Projekten. Aber schon in der eigenen Verwaltung klappt es nicht. Wie man es besser machen könnte.

Rohrkrepierer Digitalstrategie

Rohrkrepierer Digitalstrategie

Von Stephan Lorz

Berlin bevormundet die Wirtschaft, statt ihr den Weg zur Digitalisierung freizuräumen.

Bundesdigitalminister Volker Wissing (FDP) führt ein ganzes Sammelsurium von Vorhaben an, um den Erfolg seiner Digitalisierungsstrategie zu unterstreichen. Da wimmelt es von Leuchtturmprojekten, Pilotprogrammen und Finanzhilfen, die für digitalere Abläufe in Wirtschaft und Gesellschaft sorgen sollen. Die angeführten konkreten Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit wie das E-Rezept, das Deutschlandticket und der digitale Personalausweis werden gern als unmittelbares Ergebnis dieser Bemühungen hingestellt.

Die Politik tut tatsächlich etwas für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts. Denn inzwischen ist auch bei ihr die Erkenntnis gereift, dass das Wirtschaftswachstum ohne eine moderne Infrastruktur sowie durchdigitalisierte Wirtschafts- und Verwaltungsprozesse gar nicht mehr auf die Beine kommen, die Attraktivität des Standorts für Investoren aus dem In- und Ausland dramatisch nachlassen würde.

Der Makel der Digitalstrategie

Doch die in der Digitalstrategie der Bundesregierung angeführten Vorhaben haben einen großen Makel: Sie sind zunächst einmal Willensbekundungen: Wir sorgen für ein voll vernetztes Gesundheitssystem, heißt es etwa. Oder: Wir machen Deutschland mit klugen Daten mobil. Oder: Wir wollen Bildung in jedem Lebensalter. Darüber hinaus gibt es einige Projekte, die durchaus Vorbildcharakter haben, aber in ihrer Wirkung kaum über die jeweilige Region hinauskommen.

Wie soll die Regierung die Wirtschaft auch digital ertüchtigen, wenn sie es nicht einmal in ihrer eigenen Verwaltung schafft, die geforderten digitalen Zugänge für die Bürger anzubieten? Und selbst wenn, sind die Prozesse dahinter oftmals weiterhin analog, wie der Bundesrechnungshof kritisiert.

Freiräume statt Vorgaben

Die Bundesregierung scheitert deshalb, weil sie in typischer Manier mit Programmen und Projekten glänzen will, statt zunächst einmal dafür zu sorgen, dass die Firmen die nötigen Freiräume für ihren Weg der Digitalisierung bekommen. Es geht um die Bekämpfung von Überbürokratisierung, Überregulierung, starrem Verwaltungsrecht, überzogenem Datenschutz, zu langer Rechtswege und falscher Schwerpunkte bei der Steuerförderung. Die Marktkräfte sorgen dann schon von selbst dafür, dass die Firmen unter der Produktivitätspeitsche des Wettbewerbs die Digitalisierung ganz alleine durchziehen. Aber Geld ausgeben ist nun mal attraktiver, als Prozesse und Regulierungen zu ändern.

Mehr denn je sollte sich Berlin mehr darum kümmern, wofür sie unmittelbar zuständig ist: Infrastruktur und Verwaltung. Beides muss moderner werden. Vielleicht könnten hier eher die Unternehmen der Politik und der Bürokratie mit Ratschlägen auf die Sprünge helfen.

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