Eurozone

Rückgang der Inflation stärker als erwartet

Die Inflation in der Eurozone fällt auf den niedrigsten Stand seit Sommer 2021. Der Rückgang fällt zudem kräftiger als erwartet aus. Die Zahlen lassen sich dennoch auch als Mahnung an die EZB interpretieren, wie Ökonomen betonen.

Rückgang der Inflation stärker als erwartet

Rückgang der Inflation stärker als erwartet

Teuerung fällt in der Eurozone auf 2,4 Prozent – Hohe Preise bei Dienstleistern

mpi Frankfurt

Die Inflation in der Eurozone fällt im März auf den niedrigsten Stand seit Sommer 2021. Der Rückgang fällt zudem kräftiger als erwartet aus – auch bei der Kernrate. Die Zahlen lassen sich dennoch auch als Mahnung an die Europäische Zentralbank interpretieren, wie Ökonomen betonen.

Die Inflation in der Eurozone ist abermals etwas niedriger ausgefallen als von Analysten erwartet. Die Verbraucherpreise legten im März im Jahresvergleich nach einer ersten Schätzung des Statistikamts Eurostat um 2,4% zu. Ökonomen hatten nur einen Rückgang der Inflation von 2,6% auf 2,5% auf dem Zettel.

Die Europäische Zentralbank (EZB) ist ihrem Inflationsziel von 2,0% damit eine Woche vor ihrem nächsten Zinsentscheid so nah wie seit Sommer 2021 nicht mehr. Dennoch dürften die Zahlen die Notenbank nicht davon abbringen, mit der Zinswende noch zu warten. Denn der zugrundeliegende Preisdruck in der Eurozone ist weiter recht hoch. Dies zeigt der Blick auf die Kernrate, bei der die schwankungsanfälligen Lebensmittel- und Energiepreise nicht berücksichtigt werden. Der Rückgang von 3,1% im Februar auf nun 2,9% im März fällt jedoch ebenfalls um 0,1 Prozentpunkte höher aus als von Volkswirten erwartet.

Steigende Monatsraten

Dennoch lassen sich die Inflationszahlen auch so interpretieren, dass von ihnen eine Warnung an die EZB ausgeht, die Zinsen nicht zu früh zu senken. Die Entwicklung der Monatsraten ist weit weniger erfreulich als der Vergleich mit dem Vorjahr. Im Vergleich zum Februar legten die Verbraucherpreise um 0,8% zu. Bei der Kernrate betrug der Anstieg sogar 1,1%. „Das ist üppig und mehr noch, die Monatsveränderungsraten nehmen wieder zu – und nicht etwa ab“, sagt Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. „Von Preisberuhigung kann deshalb an dieser Stelle nicht die Rede sein.“

Das hohe Lohnwachstum in der Eurozone dürfte zudem dazu führen, dass weitere Erfolge auf dem Weg zum Inflationsziel in den kommenden Monaten auf sich warten lassen werden. „Auf dem aktuellen Niveau ist eine Quasi-Preisstabilität erreicht, die vorerst halten wird“, sagt Alexander Krüger, Chefökonom der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. „Das nächste nennenswerte Inflationsabsacken steht für das dritte Quartal 2024 bevor“, prognostiziert er. Dann werde das Inflationsziel laut Krüger vorübergehend sogar ein gutes Stück unterschritten, ehe die Teuerung wieder etwas steige.

Neue EZB-Projektion im Juni

Die EZB selbst rechnet derzeit damit, dass die Inflation 2025 im Schnitt bei exakt 2,0% liegen wird. Für das laufende Jahr prognostiziert sie eine durchschnittliche Rate von 2,3%. Im Juni werden die Ökonomen der Notenbank eine neue Projektion für Inflation und Wirtschaftswachstum vorlegen. Wie die Anpassungen bei der Teuerung ausfallen werden, hängt stark von der Lohnentwicklung ab.

Gerade im arbeitsintensiven Dienstleistungssektor führen die Lohnsteigerungen zu einem hohen Inflationsdruck. Im März stagnierte die Teuerung in diesem Sektor bei 4%. Bereits den fünften Monat in Folge gibt es damit hier keine Entspannung. „Das liegt vor allem an den Tariflöhnen, die nach Einschätzung der EZB im weiteren Verlauf des Jahres zwischen 4,5 und 5% schwanken werden – was mit dem EZB-Inflationsziel nicht vereinbar ist“, sagt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer.

Risiken nehmen zu

Um das Inflationsziel dennoch zu erreichen, müsste die Teuerung in anderen Bereichen deutlich unter den 2% liegen, die die EZB für die Gesamtrate anstrebt. Die Lohnentwicklung gehört zu den Dingen, die die EZB derzeit besonders im Blick hat. EZB-Chefökonom Philip Lane machte zuletzt ermutigende Signale bei der Lohnentwicklung aus. Daten für das erste Quartal kommen jedoch erst am 23. Mai, weswegen für eine Mehrheit im EZB-Rat eine Zinssenkung vor Juni wohl kein Thema ist.

Ein weiteres Aufwärtsrisiko für die Inflation ist die Entwicklung an den Rohstoffmärkten – insbesondere bei Öl und Gas. Ein israelischer Angriff am Ostermontag auf das iranische Konsulat in der syrischen Hauptstadt Damaskus vergrößerte die Sorgen, dass sich der Konflikt im Nahen Osten ausweiten könnte. Neben dem menschlichen Leid, was dies verursachen würde, könnten auch die Energiepreise dadurch anziehen und den Weg der EZB zum Inflationsziel verlängern.

Auch andere Rohstoffpreise legen derzeit zu und könnten den Inflationsdruck in der Eurozone wieder verstärken. „Die Verdreifachung des Kakaopreises innerhalb eines halben Jahres mahnt zur Vorsicht“, meint Gitzel. Der Kupferpreis ist zuletzt ebenfalls gestiegen. „Noch handelt es sich um potenzielle Gefahrenherde, doch es bedarf einer sorgfältigen Beobachtung der Entwicklung“, sagt Gitzel mit Blick auf die Aufwärtsrisiken für die Inflation.

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