Scholz springt Deutscher Bank bei
rec Brüssel
Vom EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs geht nach zwei turbulenten Wochen an den internationalen Finanzmärkten eine Botschaft der Beruhigung aus. „Es gibt keinen Anlass, sich irgendwelche Sorgen zu machen“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz am Freitag nach zweitägigen Beratungen in Brüssel. Hinter verschlossenen Türen hatte die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, Europas Spitzenpolitikern laut EU-Diplomaten Entwarnung signalisiert: Die Banken seien stark kapitalisiert und widerstandsfähig, die Börsenturbulenzen Resultat spekulativer Wetten auf fallende Kurse.
Einmal mehr wurde am Freitag die Deutsche Bank an den Märkten vom Abwärtsstrudel erfasst. Die Aktien von Deutschlands größter Privatbank sackten zeitweise um knapp 15% unter 8 Euro ab, erholten sich bis Börsenschluss aber weitgehend. Es ist ein weiterer Beleg für die auch in der Europäischen Union um sich greifende Nervosität infolge mehrerer Bankenpleiten in den USA und der Notübernahme der Credit Suisse durch die UBS in der Schweiz.
Bundeskanzler Scholz nahm den neuerlichen Kursrutsch zum Anlass, der Deutschen Bank verbal Schützenhilfe zu leisten. „Die Deutsche Bank hat ihr Geschäftsmodell grundlegend modernisiert und neu organisiert und ist eine sehr profitable Bank.“ EZB-Chefin Lagarde hatte den Staats- und Regierungschefs Teilnehmerkreisen zufolge signalisiert, es gebe keine fundamentale Rechtfertigung für das derzeitige Auf und Ab im Bankensektor. Gleichzeitig mahnte sie, wie wichtig es sei, die regulatorischen Vorgaben kontinuierlich zu verbessern.
Paket zur Kapitalmarktunion
In ihrer Gipfelerklärung drängen Scholz und seine Kollegen aus den 27 EU-Staaten auf Fortschritte bei der Kapitalmarkt- und Bankenunion: „Eine solide europäische Finanzarchitektur ist von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, nachhaltige Investitionen anzuziehen, Innovationen und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu fördern und den grünen und den digitalen Wandel rasch voranzubringen.“ Ein neuer Vorstoß der EU-Kommission zur Ausweitung des Bankenabwicklungsrahmens auf Banken aus der zweiten Reihe und zu einer umstrittenen EU-weiten Einlagensicherung lässt seit Monaten auf sich warten. EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness hat das Paket jüngst für April angekündigt.
Seit zwei Wochen geben sich Aufseher, Regulatoren und Abwickler alle Mühe, die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors in der EU zu betonen. Analysten der Finanzinstitute schließen sich dem großteils an. Außenstehende sind da mitunter pessimistischer.
Die Situation sei bedrohlich, heißt es in einer Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), aber aus anderen Gründen als in der Weltfinanzkrise. Dank der internationalen Basel-III-Standards seien die Banken mit mehr Eigenkapital ausgestattet. Dass die Zinsen inflationsbedingt steigen, stehe allerdings im Widerspruch zur Rettung der Banken. Das IW warnt davor, aus vermeintlich beruhigenden Befunden zum Zustand der Banken trügerische Schlüsse zu ziehen. Ob die Informationen korrekt seien oder nicht, spiele im Falle eines Bank Run keine Rolle: „Krise ist, wenn die Sparer glauben, dass Krise ist“, mahnen die Kölner. „Die Credit-Suisse-Übernahme führt vor Augen, wie fragil die derzeitige Situation der Banken ist“, so IW-Direktor Michael Hüther.
Verbrennerstreit schwelt
Phasenweise beherrschte ein anderes Thema den EU-Gipfel, das nicht mal auf der Agenda stand: das Verbrennerverbot. Im Streit zwischen EU-Kommission und deutschem Verkehrsministerium rückt eine Lösung näher. Der EU-Kommission liegt nun ein Gegenvorschlag aus Berlin vor. Weißer Rauch war allerdings nicht zu vernehmen, auch wenn sich die Minister Volker Wissing und Robert Habeck zuversichtlich gaben. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen drängt zur Eile. Und Olaf Scholz? Der blieb, anders als in Sachen Deutsche Bank, vage.