Schutzschirm gegen China
Mit ihren Vorschlägen für die Einführung von umfassenden Subventionsprüfungen ergänzt die EU-Kommission das europäische Wettbewerbsrecht an einer entscheidenden Stelle. Spielen das Europaparlament und die Mitgliedstaaten mit, könnte dies eine der wichtigsten Reformen seit Einführung der Fusionskontrolle vor mehr als 30 Jahren sein.
Innerhalb des Binnenmarktes gelten schon lange klare Regeln gegen unfaire Beihilfen. Bei Unternehmen aus Drittstaaten, die mit reichlich finanzieller Unterstützung aus der Heimat in Europa Übernahmen angehen oder öffentliche Aufträge abgreifen, konnte Brüssel hingegen nicht eingreifen. Zwar gibt es auch in der EU bereits eine Investitionskontrolle. Aber die ist zum Teil immer noch freiwillig, ist bei den Mitgliedstaaten angesiedelt und nimmt vor allem Sicherheitsinteressen in den Fokus. Wettbewerbsfragen spielten da bislang keine Rolle. Von daher schließt die Kommission mit ihren Vorschlägen nun auch eine Regelungslücke. Dies ist gut so und war überfällig.
Problematisch ist allerdings, dass die Brüsseler Wettbewerbshüter bei der Umsetzung der neuen Regeln auf die Mitarbeit und auf umfassende Informationen von den zu beaufsichtigenden Unternehmen und eventuell auch den Behörden der dazugehörenden Länder angewiesen sein wird. Die Vielfalt der möglicherweise verzerrenden Subventionen ist ja groß, und ob die Konzerne bereitwillig und transparent all ihre staatlichen Garantien, Steuerdeals oder nicht kostendeckenden Finanzierungsmöglichkeiten aufdecken möchten, ist zu bezweifeln.
Hinzu kommt: Auch den europäischen Unternehmen, die hier ja eigentlich geschützt werden sollen, droht ein gewaltiger zusätzlicher bürokratischer Aufwand und eine ständige Gefahr, dass die EU-Kommission ihre neuen Kompetenzen nutzt, um künftig überzogen in Transaktionen einzugreifen. Im nun anstehenden weiteren Gesetzgebungsprozess sollte daher versucht werden, klare Grenzwerte zu ziehen und die Unsicherheiten für Unternehmen so gering wie möglich zu halten.
Mit Interesse dürfte in Brüssel verfolgt werden, wie China auf die neue Subventionskontrolle reagieren wird. Denn auch wenn diese diskriminierungsfrei ausgestaltet werden muss – dass es hier im Wesentlichen darum geht, den Schutzschirm gegen chinesische Unternehmen noch etwas höher zu ziehen, ist ein offenes Geheimnis. Die EU bemüht sich derzeit an verschiedenen Stellen, die Beziehungen zu Peking neu auszurichten. Nicht nur das Ende 2020 abgeschlossene Investitionsabkommen zeigt, wie schwierig das ist.